Amida Sholan - eine besondere Frau

Amida Sholan ist die erste und bisher einzige jemenitische Frau, die in Deutschland promovierte. Heute arbeitet sie als 'Assistent Professor' an der Universität Sanaa. Dort hat Peter Philipp sie getroffen.

Dr. Amida Sholan, Foto: Daniela Siebeck
Dr. Amida Sholan

​​Dr. Amida Sholan unterrichtet an der Universität Sanaa als "Assistent Professor" Archäologie, Arabische Geschichte und alte semitische Sprachen. Ausgefallen genug für eine Frau in einer von Männern dominierten Gesellschaft.

Doch Frau Sholan entspricht auch aus anderen Gründen nicht den Klischees, die sonst das Bild des Jemen - und auch anderer arabischer wie islamischer Staaten – prägen: Die junge Frau ist bisher die einzige Jemenitin, die im Bereich der Geisteswissenschaften in Deutschland promoviert hat.

Mit Hilfe des Deutschen Akademischen Austausch Dienstes (DAAD) studierte sie zuerst in Jordanien und erhielt dann ein weiteres Stipendium, um in Deutschland zu promovieren.

Eine besondere Frau

Dr. Sholan ist sich ihrer besonderen Rolle durchaus bewusst: sie stammt aus der Hauptstadt Sanaa, aus dem Norden des Landes, wo immer schon ein konservativerer Geist wehte als im ehemals sozialistischen Süden. Dort hatten Frauen bis zur Vereinigung beider Staaten im Jahre 1990 mehr Freiheit und Gleichberechtigung genossen.

Die Situation verändert sich zwar langsam, aber bis vor kurzem noch waren im Jemen fast drei Viertel aller Frauen Analphabeten. Und noch immer ist es eine Besonderheit, wenn eine von ihnen es dann bis zum Studium schafft. Erst recht, wenn dies im nichtarabischen Ausland ist.

Ohne eine verständnisvolle Familie aber wäre das kaum möglich. "Viele Frauen wollen in arabischen Ländern studieren – Magister oder Promotion machen", sagt Amida Sholan. "Meine Familie war einverstanden, dass ich im Ausland studiere. Damals, zu meiner Zeit, gab es kein Magister- oder Doktorprogramm im Jemen. Aber selbst wenn es das gegeben hätte, hätte ich in Deutschland studieren wollen."

Der Jemen braucht Frauen wie Sholan

Eine solche Deutschland-Vorliebe ist fachlich begründet: Ihr Fachgebiet – altssüdarabische Geschichte und Sprachen – sei nirgendwo so ausgiebig erforscht worden wie in Deutschland. Im neunzehnten Jahrhundert waren es vor allem deutsche Wissenschaftler gewesen, die sich mit dem südlichen Teil der Arabischen Halbinsel beschäftigt hatten, und die maßgebliche Literatur hierüber ist folglich auch in Deutsch.

Ihr Land brauche Frauen wie sie, sagt Dr. Sholan nicht ohne Stolz, aber die Bescheidenheit verbiete ihr, sich als Vorbild dazustellen. Doch die Lage verändere sich von Tag zu Tag, zum Beispiel in ihrem eigenen Fachbereich.

So gebe es mittlerweile viele Studentinnen, die Archäologie studierten und in verschiedene antike Städte reisten. Aber, so Sholan, "es sind natürlich mehr Männer als Frauen. Trotzdem sind es - zumindest in meinem Fachgebiet - immerhin jetzt mehr Frauen als zu meiner Zeit."

Unterstützung durch Familie

Obwohl noch einiges nachgeholt werden müsse, sei deutlich zu spüren, dass Frauen immer mehr Rechte erhielten und diese auch wahrnähmen. Man könne dies zwar noch lange nicht mit der Situation in Deutschland oder in anderen europäischen Ländern vergleichen, aber die Situation der Frau im Jemen verbessere sich rasch.

Dies ist das Ergebnis einer gezielten Politik der Regierung, für Frauen bessere Chancen in Staat und Gesellschaft zu schaffen und anzubieten. Aber ohne Verständnis und Unterstützung von Seiten der Familie hätte das keinen Erfolg.

"Ich habe eigentlich mit meiner Familie kein Problem gehabt", sagt Sholan, "sie waren einverstanden. Zuerst waren sie glücklich darüber, dass ich meinen Magister in einem arabischen Land, in Jordanien, mache. Dann sagten sie: 'Wenn du in einem arabischen Land anfängst, kannst du danach in eine europäische Stadt.' Also, eigentlich habe ich keine Probleme mit meiner Familie."

Peter Philipp

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