Indien: Oberstes Gericht stoppt islamische Blitzscheidung

Indiens Oberstes Gericht hat am Dienstag die islamische Praxis der Sofortscheidung für verfassungswidrig erklärt. Die Richter urteilten, der sogenannte dreifache Talaq sei illegal, und wiesen das Parlament an, ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden, wie indische Medien berichteten. Bei dieser Art der Scheidung hat der Mann das Recht, sich durch das dreifache Aussprechen des Wortes Talaq (arabisch für Scheidung) dauerhaft zu trennen. Die Frau hat kein Widerspruchsrecht.

Die Richter entschieden im Fall einer 35-jährigen Muslimin, die 2016 gegen diese Praxis geklagt hatte, nachdem ihr Mann ihre 15-jährige Ehe mit dem dreifachen Talaq einseitig geschieden hatte. Das Urteil war mit großer Spannung erwartet worden.
 
Indien ist eines der wenigen Länder, die die islamische Blitzscheidung bislang noch erlaubten. Der dreifache Talaq gilt auch bei einer Textnachricht oder am Telefon. Indiens Premierminister Narendra Modi, ein  bekennender Hindu, hatte sich für die Abschaffung der Praxis eingesetzt, weil es die Würde der Frauen verletze. Die hatte bei einigen Muslimen die Befürchtung erweckt, Modi wolle insgesamt die Stellung der Muslime in Indien schwächen.
 
Die Mehrheit der 1,3 Milliarden Inder sind Hindus, die etwa 80 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Die zweitgrößte Religionsgruppe sind die Muslime mit etwa 170 Millionen. Sie stellen um die 14 Prozent der  Bevölkerung. Die einzelnen Religionsgruppen unterliegen in Indien getrennten Gesetzen, die Heirat, Scheidung und andere Aspekte des Privatlebens regeln. (epd)