Deutlich mehr Waffenexporte unter großer Koalition

Die große Koalition hat in den vergangenen vier Jahren deutlich mehr Rüstungsexporte genehmigt als die Vorgängerregierungen. Der Gesamtwert der Lieferungen lag von 2014 bis 2017 bei 24,9 Milliarden Euro und damit 21 Prozent höher als in den Jahren der schwarz-gelben Koalition von 2010 bis 2013. Die Lieferungen in Drittstaaten außerhalb von EU und Nato nahmen sogar um 47 Prozent auf 14,48 Milliarden Euro zu. Alleine im vergangenen Jahr wurden Waffen und andere Rüstungsgüter im Wert von 3,79 Milliarden Euro an diese sogenannten Drittländer exportiert. Das sind 127 Millionen Euro mehr als im Vorjahr.

Im Vergleich zu weiter zurückliegenden Regierungen ist die Steigerung der Exportzahlen sogar noch größer. Im Vergleich zu Rot-Grün zwischen Ende 1998 und 2002 hat die große Koalition beispielsweise sogar fast doppelt so viele Rüstungslieferungen ins Ausland genehmigt (1999 bis 2002: 12,8 Milliarden).

Die noch vorläufigen Zahlen für 2017 teilte das Wirtschaftsministerium auf Anfrage der Linksfraktion mit. Der Gesamtwert der Exporte ist im vergangenen Jahr zwar um 8,9 Prozent auf 6,24 Milliarden Euro gesunken. Das ist aber immer noch der dritthöchste Wert überhaupt nach den beiden Rekordjahren 2015 und 2016.

Trotz der Spannungen in den deutsch-türkischen Beziehungen wurden auch an den Nato-Partner Türkei 2017 weiter Rüstungsexporte genehmigt - allerdings deutlich weniger als im Vorjahr. Der Wert der Lieferungen sank auf weniger als die Hälfte von 83,9 auf 34,2 Millionen Euro.

Die SPD hatte sich Ende 2013 vorgenommen, in der großen Koalition eine restriktive Genehmigungspraxis durchzusetzen - allen voran Vizekanzler Sigmar Gabriel, der drei Jahre lang als Wirtschaftsminister dafür zuständig war. Die Rüstungsexportpolitik wird auch in den bevorstehenden Koalitionsverhandlungen ein Thema sein. Bereits in den Sondierungsgesprächen haben sich Union und SPD verständigt, die Rüstungsexportrichtlinien aus dem Jahr 2000 zu «schärfen». Was das genau bedeutet, ist aber noch unklar.

Die SPD hat zudem einen Stopp aller Exporte an die am Jemen-Krieg beteiligten Staaten durchgesetzt. Drei dieser Länder waren 2017 aber noch unter den zehn wichtigsten Empfängerländern der deutschen Rüstungsindustrie: Ägypten (Platz 2, 708,3 Millionen Euro), Saudi-Arabien (Platz 6, 254,5 Millionen Euro), Vereinigte Arabische Emirate (Platz 8, 213,9 Millionen Euro).

Saudi-Arabien führt seit 2015 im Jemen-Krieg eine Militärallianz sunnitisch geprägter Staaten an, die gegen die schiitischen Huthi-Rebellen im Jemen kämpfen. Die Rüstungslieferungen in das Königreich waren aber schon davor wegen der Menschenrechtslage dort höchst umstritten. Nummer eins der Empfänger deutscher Rüstungsgüter ist mit Algerien ebenfalls ein arabischer Staat, der wegen mangelnder Achtung der Menschenrechte kritisiert wird. Die Lieferungen dorthin hatten einen Wert von 1,36 Milliarden Euro.

Die Bundesregierung verwies darauf, dass sie ihre Exportentscheidungen weiter an den Richtlinien aus dem Jahr 2000 ausrichte, die zu den restriktivsten weltweit gehörten. Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums sagte, viele der genehmigten Rüstungsgeschäfte seien schon von Vorgängerregierungen auf den Weg gebracht und dann nicht mehr zu stoppen gewesen. Zudem verzerrten einzelne Großaufträge das Bild. In diesem Jahr mache beispielsweise ein Kriegsschiff für Algerien ein Drittel des Exportvolumens für Drittländer aus.

Grüne und Linke werteten die Zahlen als Scheitern der SPD in der Rüstungsexportpolitik. Es sei eine «Bankrotterklärung», wenn die in den Rüstungsexportrichtlinien vorgesehene Einzelfallprüfung zu mehr Ausfuhren führe, betonte der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour. Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht sagte: «Der Rekord der sogenannten großen Koalition bei den genehmigten Waffenexporten zeigt, dass die SPD den letzten Rest ihrer angeschlagenen Glaubwürdigkeit verspielt hat.» (dpa)