Experten: Pandemie erschwert Islamismusprävention

Berlin. Die Corona-Pandemie hat die Prävention von islamistisch begründetem Extremismus nach Einschätzung von Fachleuten erheblich erschwert. Schulen und Jugendeinrichtungen hätten nach dem Wegfall von Präsenzveranstaltungen kaum noch Hinweise auf sich radikalisierende Jugendliche geben können, erklärte die Vorstandsvorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft religiös begründeter Extremismus, Friederike Müller, am Mittwoch in einer Online-Veranstaltung. Zugleich hätten Islamisten im Internet "attraktiv aufgemachte" Verschwörungstheorien über die Ursachen der Pandemie und das Impfen verbreitet, die teilweise auch antisemitisch seien.



Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Thomas Mücke betonte, die Folgen dieser Entwicklung für die Terrorgefahr seien noch unübersehbar. Der Anschlag am 2. November 2020 in Wien zeige, wie Terroristen sich die Pandemiesituation zunutze machten. Am Vorabend eines landesweiten Lockdowns hatte vermutlich ein Einzeltäter bei einem Amoklauf vier Menschen getötet und 23 weitere teils schwer verletzt. Islamisten versuchten, Einzelpersonen zu solchen Taten zu motivieren, so Mücke. Die verstärkte Nutzung des Internets in der Zeit der Pandemie, die Isolation und Perspektivlosigkeit fördere, könnte ihnen dabei entgegenkommen.



Die ebenfalls in der Bundesarbeitsgemeinschaft engagierte Extremismus-Expertin Jamuna Oehlmann warnte davor, die Förderung der Präventionsarbeit in Folge der pandemiebedingten Finanzprobleme zu kürzen. Die plurale Präventionslandschaft in Deutschland müsse erhalten bleiben, um auf die Rekrutierungsversuche von religiös motivierten Extremisten zielgenau reagieren zu können.



Die Bundesarbeitsgemeinschaft religiös begründeter Extremismus ist eine Dachorganisation von 33 Trägern von Präventionsangeboten. Sie leisten allgemeine Vorbeugungsmaßnahmen und individuelle Ausstiegshilfen aus einem extremistischen Umfeld. (KNA)