Zur Kenntnis nehmen, wie die anderen denken

Terrorismus, Massenvernichtungswaffen, Armut - diese Punkte standen im Mittelpunkt eines zweitägigen Kongresses, den die Konrad-Adenauer-Stiftung und das Institut für Völkerrecht auf dem Petersberg bei Bonn veranstaltete.

Petersberg bei Bonn, Foto: AP

​​Die Vereinten Nationen und weite Bereiche des Völkerrechts reflektierten die Situation nach dem Zweiten Weltkrieg und den weltweiten Konsens, dass ein Regime wie das des Nationalsozialismus wirkungsvoll verhindert werden müsse. Inzwischen - besonders nach dem Irak-Krieg - stellt sich aber immer öfter die Frage, ob solch eine Zielsetzung noch zeitgemäß ist und ob man damit den heutigen Gefahren begegnen kann.

Der Termin (20./21.11.2003) ist nicht zufällig gewählt, denn man gedachte gleichzeitig des "Petersberger Abkommens", mit dem am 22. November 1949 die Grundlage für den Weg der Bundesrepublik in die Souveränität geschaffen wurde. Bonn sei auch als ehemaliger Regierungssitz des demokratischen Nachkriegs-Deutschland und als werdende UNO-Stadt ein gut gewählter Ort, so die Veranstalter. Sie erklärten deswegen, dass dieser Kongress nur Auftakt sein werde für eine ganze Reihe ähnlicher Veranstaltungen.

Ziel: Bonns Profil schärfen

"Unser Ziel ist, eine regelmäßige Serie von solchen Völkerrechtskonferenzen in Bonn anzusiedeln", sagte Stiftungs-Generalsekretär Wilhelm Staudacher. Hintergrund: Das soll Bonn nützen, sein Profil auch als UNO-Stadt schärfen. Bonn müsse auch ein Ort der Weiterentwicklung des Völkerrechts werden, von dem aus Impulse dann in die Diskussion eingehen, sagte Staudacher.

Als zusätzliches Defizit hat man ausgemacht, dass einige der Grundlagen der Vereinten Nationen zu sehr den Machtverhältnissen zum Ende des Zweiten Weltkrieges entsprechen und damit sehr europa-zentristisch sind: Viele heutige Staaten waren zur Gründungszeit der Vereinten Nationen noch nicht unabhängig. Dass sich dies längst geändert hat, schlägt sich in den Vereinten Nationen aber nicht klar genug nieder.

So werden zum Beispiel im Sicherheitsrat die Dinge immer noch in erster Linie von Europäern und Amerikanern entschieden und es gibt kein überzeugendes Rezept für Abhilfe: Erweitert man den Kreis der ständigen Mitglieder, dann droht der Sicherheitsrat aus den Fugen zu geraten. Zumal ja auch bisher nicht permanent vertretene europäische Staaten einen Ratssitz reklamieren.

Was den Sicherheitsrat betrifft, so müsse auch das Veto-Recht überdacht werden - das übrigens auf ausdrücklichen Wunsch der Sowjetunion eingeführt wurde, die eine Majorisierung durch den Westen im Sicherheitsrat befürchtete.

Merkwürdige Phase

Rudolf Dolzer, Völkerrechtler an der Universität Bonn, sah bei allem Handlungsbedarf freilich auch ein Problem: "Wir sind in einer merkwürdigen Phase im Völkerrecht. Wir merken auf der einen Seite - gerade im Irak-Krieg -, dass die alten Strukturen wahrscheinlich für die Zukunft nicht mehr wirklich tragfähig sind. Wir haben aber auf der anderen Seite - das ist wenigstens meine Diagnose - wenige internationale Persönlichkeiten, Staatschef und Regierungschefs, die die internationale Ordnung wirklich auf der Tagesordnung haben," erklärte Dolzer.

Hochrangige Völkerrechtler und Politiker aus 16 Ländern werden nun aber doch auf dem Petersberg zusammen kommen, um ihre Vorstellungen von einer Optimierung des Völkerrechts und auch der Vereinten Nationen vorzutragen. Die Beiträge sollen dann von den Veranstaltern ausgewertet und der Politik zugänglich gemacht werden, damit diese - vielleicht - ihre Schlussfolgerungen daraus zieht. Schnell wird das sicher nicht erreicht werden, aber immerhin: Es soll ein Anfang sein.

Dolzer ist überzeugt, dass aufgrund der historischen Erfahrungen Europas dieser Anfang durchaus hier gemacht werden könne und solle: "Also, die Vorstellung: Die Welt muss von Europa lernen, damit man bei der Konflikt-Vorbeugung und bei der Friedenssicherung vorkommt - die ist nicht falsch. Aber wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, wie die anderen Teile der Welt denken."

Peter Philipp

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