Eine Legende und Institution

Sabri Moudallal war Sänger und Muezzin. Der große Interpret der syrisch-arabischen Musik verhalf der Kunst des arabischen Gesangs zu neuer Blüte. Im August 2006 starb Sabri Mudallal in der nordsyrischen Stadt Aleppo. Eine Würdigung von Suleman Taufiq

Sabri Moudallal; Foto: www.alkindi.org
Sabri Moudallal: Obwohl er besonders als Sänger religiöser Musik bekannt wurde, war er auch in der weltlichen Musik zuhause

​​Sabri Moudallal war eine Legende. Der Meister des religiösen Gesangs und der Koran-Rezitation aus Aleppo verhalf der alten Kunst des arabischen Gesangs in ihrer unverfälschten, reinen Form zu neuer Blüte und war damit einer der wenigen Musiker, die der traditionellen Musik neue Popularität verliehen.

In seiner Auseinandersetzung mit der klassischen arabischen Musik konzentrierte Sabri Moudallal sich auf die traditionelle Musik Syriens, insbesondere auf die Musik seiner Heimatstadt Aleppo, die für ihr vielseitiges musikalisches Leben bekannt ist.

Diese Musik versuchte Mudallal weiterzuentwickeln, ohne dabei jedoch ihre Originalität und die Traditionen aufzugeben. Heute spricht man sogar von Sabri Moudallals Schule der traditionellen Musik.

Sänger und Muezzin

Aber Sabri Moudallal war nicht nur eine Legende, er war auch eine Institution in Syrien, denn er war nicht nur ein erfolgreicher Sänger, sondern auch - wie viele Musiker in Aleppo - ein wohlhabender Kaufmann. Außerdem hatte man ihn zum ersten Muezzin Aleppos ernannt.

1918 in Aleppo geboren, erhielt Mudallal schon früh eine traditionelle Ausbildung in Gesang und Koranrezitation nach den Regeln, wie sie in Aleppo überliefert wurden. Abgesehen von der spirituellen und religiösen Dimension dieser Unterweisung werden darin die Regeln einer perfekten Aussprache gelehrt, die grundlegende und wichtigste Übung für einen Sänger, der eine erfolgreiche Karriere anstrebt.

Später nahm Mudallal Unterricht bei dem bekannten Musiker Umar Al Batsch, bei dem er seine Kenntnisse der klassischen arabischen Musik erweiterte. Von ihm lernte er auch den Mouwaschah-Gesang.

Der Mouwaschah stammt aus Andalusien und ist eine Vokalform der Kunstmusik der Araber, die sich durch ihre Gedichtform und einen typischen musikalischen Stil auszeichnet.

Umar Al Batsch galt neben Ahmed Kabbani als der produktivste und originellste Komponist des Mouwaschah. Angeregt durch seinen Lehrer Al Batsch widmete sich Sabri Mudallal intensiv dem weltlichen wie auch dem religiösen Mouwaschah und schuf ein umfassendes Mouwaschah-Repertoire.

Offizieller Sänger beim Rundfunk

Im Jahr 1949 begann der Rundfunk aus Aleppo Sabri Mudallals Musik zu übertragen, gleichzeitig trat er dort eine Stellung als Sänger an und wurde auf diese Weise auch in ganz Syrien bekannt. 1954 gründete er zusammen mit Hassan Hafar, der später eine eigene Gruppe ins Leben rief, ein Ensemble für religiöse Musik.

Den Wendepunkt Mudallals Karriere bildeten einige Konzerte, die er zusammen mit seinem Vokal-Quartett "Die Muezzins von Aleppo" 1975 in Paris gab. Von nun an machte er sich als Komponist und vor allem als Sänger für traditionelle arabische Musik auch außerhalb seines Landes einen Namen.

Besonderes Ansehen verschaffte ihm in Musikerkreisen nicht nur die außergewöhnliche Schönheit seines Gesangs, sondern auch seine besondere Gesangstechnik. Seine Atemtechnik, die es ihm erlaubte, auch während des Gesangs Luft zu holen, befähigte Mudallal, lange Zeit ohne Unterbrechung zu singen.

Doch obwohl er besonders als Sänger religiöser Musik bekannt wurde, war er auch in der weltlichen Musik zuhause.

Ein charismatischer Musiker

Auch im Alter konnte Sabri Moudallal seine Karriere weiter ausbauen. Besondere Aufmerksamkeit widmete er in späteren Jahren dem Vortrag der Wasla.

Die Wasla (Suite) besteht aus einer Reihe von Kompositionen und improvisierten Instrumental- und Vokalstücken, die alle in derselben Maqamreihe gespielt werden. Noch heute wird sie in Aleppo in vielen Privatkonzerten im Hause wohlhabender, traditionsbewusster Familien aufgeführt.

Mit seiner facettenreichen Stimme verzauberte Sabri Moudallal seine Zuhörer. Sein Gesangsstil kam für viele Menschen einer Offenbarung gleich. Diesem charismatischen Musiker zu lauschen, war ein wahres Erlebnis für die Zuhörer.

Suleman Taufiq

© Qantar.de 2006

Qantara.de

Ensemble Al-Kindi
Auf den Spuren der klassischen arabischen Musik
Das vom Franzosen Julien Weiß gegründete Ensemble Al-Kindi hat sich ganz der klassischen arabischen Kammermusik verschrieben und vereint arabisch-andalusische, türkische und iranische Einflüsse. Von Suleman Taufiq

Dossier: Musikwelten
In der islamischen Welt und Europa hat sich längst eine eigenständige, moderne Musikszene entwickelt, die sich fernab von Bauchtanz- und Folkloreklischees bewegt. In diesem Dossier stellen wir einige ihrer wichtigsten Akteure, Stilrichtungen und Begegnungen vor.