Chancen für deutsche Firmen

Die Jagd auf Geschäfte im Irak ist eröffnet. Auch deutsche Unternehmen buhlen auf einer Wiederaufbaumesse in Kuwait um irakische Kunden. Technologie aus Deutschland wird geschätzt. Dennoch gibt es Hindernisse. Steffen Leidel berichtet.

Die Jagd auf Geschäfte im Irak ist eröffnet. Auch deutsche Unternehmen buhlen auf einer Wiederaufbaumesse in Kuwait um irakische Kunden. Technologie aus Deutschland wird geschätzt. Dennoch gibt es Hindernisse.

Der Irak liegt am Boden. Unternehmen aus aller Welt wollen helfen, ihn wieder aufzurichten und dabei vor allem gute Geschäfte machen. Mehr als 1100 Firmen aus über 45 Ländern treffen sich vom 19. bis 23. Januar auf der "Rebuild Iraq". "Kuwait platzt aus allen Nähten", sagt Nicole Endewardt von der "Messe Köln", die die Teilnahme der deutschen Unternehmen organisiert hat.

55 Firmen aus Deutschland haben sich offiziell angemeldet. Doch die Nachfrage war viel größer. "Manche Firmen mussten sogar zu Hause bleiben, weil die Messe schon seit zwei Monaten ausgebucht ist", berichtet Endewardt aus Kuwait.

Rund 90 Prozent der Firmen kommen aus der Baubranche. Die zerstörte Infrastruktur ist das erste, was wieder hergestellt werden muss. Ohne intakte Straßen und Flughäfen, Wasser- und Energieversorgung, Telekommunikations- und Finanzsysteme sind in anderen Bereichen keine Geschäfte zu machen. Die Organisatoren der Messe schätzen die Kosten allein für die Wiederherstellung des Stromnetzes auf rund 20 Milliarden Dollar.

Aufträge auch für Kriegsgegner

Die Besatzungsmacht USA hat längst erkannt, dass sie diese Mammutaufgabe nicht alleine managen kann. Der Entschluss, Unternehmen aus kriegskritischen Ländern von den Ausschreibungen auszuschließen, wackelt. Vor wenigen Tagen war aus US-Regierungskreisen zu hören, dass auch Firmen aus Staaten, die gegen den Irak-Krieg waren, sich Hoffnung auf Aufträge machen können. Eine offizielle Bestätigung gab es dafür nicht.

Allerdings haben sich die meisten Unternehmen von den Drohungen aus den USA ohnehin nicht abschrecken lassen. "Was letztendlich zählt, ist das Know-How, und das haben wir", sagt Ulrich Rottler, der für die bayerische Firma Peri, ein führender Hersteller für Gerüste und Schalungen, in Kuwait ist.

Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass der Siemens-Konzern das Mobilfunknetz im Norden des Landes aufbauen soll. Ein Siemens-Sprecher bestätigte der Nachrichtenagentur AP, dass das Unternehmen bei zwei Kraftwerken als Zulieferer des US-Konzerns Bechtel im Gespräch ist.

Der Bauriese Bechtel hatte kürzlich von der Bush-Regierung zum zweiten Mal einen Großauftrag im Volumen von 1,8 Milliarden Dollar für den Wiederaufbau des Irak erhalten. Siemens habe sich außerdem für den Bau eines konventionellen Kraftwerks in der nordirakischen Stadt Kirkuk beworben. Ob auch andere Firmen bereits Aufträge an Land ziehen konnten, ist noch unklar. "Hinter vorgehaltener Hand berichten einige Unternehmer von Geschäftsabschlüssen mit Irakern", sagt Endewardt.

"Made in Germany" gewünscht

Know-how aus Deutschland wird in der Region hoch geschätzt und auch gebraucht. Viele Maschinen und Anlagen stammen aus Deutschland, das traditionell sehr gute Beziehungen in den Irak pflegte. Sie erreichten in den 1980er Jahren ihren Höhepunkt, als deutsche Unternehmen Güter für fast vier Milliarden Euro in den Irak exportierten. Nach dem Golfkrieg 1991 brach mit dem Embargo der Handel ein. Heute ist von den guten Kontakten nur noch wenig geblieben. Sie müssen jetzt wieder neu geknüpft werden. Die Messe soll dafür Plattform sein.

Auf der Teilnehmerliste der Messe stehen neben großen Konzern wie Siemens, Bosch, ThyssenKrupp, Knauf oder Schering auch zahlreiche mittelständische Betriebe aus Deutschland. Für sie sind Geschäfte im Irak und der Region besonders risikoreich. "Das ist nichts für Anfänger: Die Sicherheitslage ist sehr schlecht, es gibt keine offiziellen, politischen Strukturen, und man braucht viel Zeit für Geschäftsabschlüsse", sagt Ines Ratajczak, Außenhandelsexpertin der IHK-Bielefeld.

Dennoch: Das Interesse am Irak ist riesig. Ratajczak schätzt, dass es rund 3.000 Unternehmen in Deutschland gibt, die ein Interesse an Geschäften im Irak haben. "Allerdings bringen dafür nur rund 800 das Know-how mit", sagt die Expertin.

Prekäre Sicherheitslage

Größtes Problem ist die immer noch prekäre Sicherheitslage im Irak. Noch traut sich keiner so recht, Mitarbeiter in das brodelnde Land zu schicken. "Wir haben unsere Planungen mittelfristig ausgerichtet", sagt Rottler, Ländergruppenchef von Peri für den Mittleren Osten.

Peri setze darauf, Firmen aus der Region als Subunternehmer einzusetzen. So machen es auch die großen Konzerne wie Bechtel, die Aufträge an über 100 kleine Unternehmen vergeben. "Ich bin sicher, dass Firmen aus den Anrainerstaaten des Irak wie Jordanien, Kuwait oder die Türkei besonders stark vom Wiederaufbau profitieren werden."

Steffen Leidel

© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD