Die Kunst des Nahost-Deals?

Donald Trumps Sieg bei den US-Präsidentschaftswahlen hat die Welt verblüfft, und viele machen sich erhebliche Sorgen darüber, was seine Präsidentschaft wohl bringen mag. Den verzweifelten Palästinenser allerdings scheint sie einen kleinen Hoffnungsschimmer zu bieten. Daoud Kuttab erklärt warum.

Von Daoud Kuttab

Donald Trump hat die Unterstützung der Wütenden und Frustrierten bekommen. Doch die Palästinenser sind sogar noch wütender und hoffnungsloser als die amerikanischen Arbeiter, die ihn gewählt haben. Der Hauptgrund für die Hoffnung der Palästinenser ist der gleiche, der auch den US-Verbündeten Sorgen bereitet: Trump ist ein politischer Außenseiter, der nur wenige Verbindungen zur außenpolitischen Tradition der USA oder den damit verbundenen Interessengruppen hat.

Mit so wenig politischem und ideologischem Gepäck ist Trump bei den meisten innen- und außenpolitischen Themen nicht an besondere Positionen gebunden. Dies lässt hoffen, dass er für Palästina überaus nachteilige Vereinbarungen beenden und damit die Spielregeln neu schreiben könnte. In seiner Siegesrede versprach er, seine Regierung würde "mit allen fair umgehen – mit allen, mit allen Menschen und Nationen".

Eine faire US-Außenpolitik klingt sicherlich attraktiv, und dies nicht nur für frustrierte Palästinenser. Aber in gewissem Sinne ist Außenpolitik grundsätzlich unfair, da die nationalen Politiker ihr eigenes Land immer bevorzugen müssen – eine Tatsache, die Trump in seiner Siegesrede ebenfalls betont hat.

Darüber hinaus sind die außenpolitischen Normen der USA nicht aus dem Nirgendwo gekommen, und diejenigen, die sie lange verteidigt (und durchgesetzt) haben, sind immer noch da. Noch mag Trump keinen Interessengruppen besonders verpflichtet sein, aber sogar Präsident Barack Obama, der als Außenseiter und Gegner solcher Gruppen an die Macht kann, geriet bereits direkt nach seinem Amtsantritt unter den Einfluss der Lobbyisten.

Der Populist und der Kasino-Mogul

So wie es aussieht, ist es unmöglich zu wissen, welche Politik der politische Neuling Trump verfolgen wird – nicht zuletzt deshalb, weil es unmöglich ist zu wissen, welche Interessengruppen oder Geldgeber ihn beeinflussen werden. Momentan ist er gegenüber dem "American Israel Public Affairs Committee" (AIPAC), der mächtigen Israellobby des Landes, zu nichts verpflichtet. Aber einer der wenigen Milliardäre, die ihn unterstützt haben, ist Sheldon Adelson, ein Kasino-Mogul und großer republikanischer Parteispender, der sich schon seit Langem für das Programm der rechten Parteien in Israel einsetzt.

Amerikas künftiger Präsident Donald Trump; Foto: picture-alliance/AP
Amerikanische Außenpolitik der Ungewissheiten: "So wie es aussieht, ist es unmöglich zu wissen, welche Politik der politische Neuling Trump verfolgen wird. Kann ein zerbrechlicher Naher Osten dieses neue, unberechenbarere Amerika aushalten?", fragt Daoud Kuttab.

Auch wenn Trump den Einflüssen, die seit Jahrzehnten auf die US-Politik wirken, entkommen kann, wäre das nicht genug, um im israelisch-palästinensischen Konflikt ein faires Vorgehen zu gewährleisten. Dazu müsste er viele Maßnahmen der US-Politik der Vergangenheit verändern oder rückgängig machen – beginnend mit der Akzeptanz der Besetzung palästinensischer Gebiete durch Israel, die jetzt schon fast ein halbes Jahrhundert andauert.

Eine faire US-Politik müsste auch den israelischen Landraub ablehnen (über den Neubau ausschließlich israelischer Siedlungen auf besetztem Gebiet) und sich gegen ein Apartheid-Regime stellen, unter dem eine Minderheit illegaler Siedler bürgerliche Rechte genießt und die Mehrheit dem Militärrecht unterstellt ist. Ist dies die Art von Fairness, die Trump meint?

Wahrscheinlich nicht. Tatsächlich hoffen die Israelis anscheinend, durch eine Trump-Präsidentschaft würden die Waagschalen weiter in ihre Richtung bewegt. Israels rechter Bildungsminister Naftali Bennett sagte, Trumps Sieg sei eine Gelegenheit für Israel, "die Idee eines palästinensischen Staates in der Mitte des Landes zurückzudrängen".

Fortführung einer janusköpfigen Außenpolitik unter Clinton

Natürlich wäre die Alternative zu Trump – die demokratische Kandidatin Hillary Clinton – für die Palästinenser wahrscheinlich nicht viel besser gewesen. Obwohl sie sich wie ihre Vorgänger für eine Zweistaatenlösung eingesetzt hätte, hätte sie Israel wahrscheinlich nicht plötzlich gezwungen, sich von den Grenzen von 1967 zurückzuziehen. Mit anderen Worten, sie hätte die janusköpfige US-Politik weitergeführt, die als Friedensverhandler auftritt und gleichzeitig eine Seite, Israel, mit enormen Summen unterstützt – beispielsweise mit einer Zehnjahreszuwendung in Höhe von 38 Milliarden US-Dollar.

Blick auf Siedlung Maale Adumin; Foto: dpa
Der zukünftige US-Präsident Donald Trump sieht israelische Siedlungen in den Palästinensergebieten nach Angaben eines Beraters nicht als Hindernis für eine Friedensregelung. Bisher galt der Siedlungsausbau jedoch aus US-Sicht als ein Haupthindernis auf dem Weg zu einer Friedenslösung. Nach israelischen Medienberichten sehen Netanjahus noch rechtere Koalitionspartner nach dem Wahlsieg von Trump in den USA eine Gelegenheit, den Siedlungsausbau aggressiver voranzutreiben.

Aber niemand sollte sich der Illusion hingeben, Trump werde sich im israelisch-palästinensischen Konflikt zum fairen Schiedsrichter entwickeln, ganz zu schweigen von einem Friedensstifter. Sein Modus Operandi ist von Antagonismus und Rücksichtslosigkeit geprägt, und während seiner Kampagne hat er immer wieder Hass gegen Muslime gesät. Und wahrscheinlich wird er diesen Weg weitergehen und die Islamophobie in den USA schüren.

Auch wird nichts davon zu einer effektiven Offensive gegen den Terrorismus führen. Trumps versprochener Krieg gegen den "radikalen Islam" wird sich nicht grundlegend von Obamas aktueller Nahoststrategie unterscheiden. Wenn überhaupt, wird Trump den amerikanischen Einfluss in der Region schwächen. In Libyen beispielsweise könnten sich die europäischen Politiker jetzt ermutigt fühlen, ihre bevorzugte Lösung durchzusetzen.

Ein Ort, an dem Trump als Präsident einen Unterschied machen könnte, ist Syrien. Angesichts des offensichtlichen Verständnisses zwischen ihm und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin könnten sich die beiden darauf einigen, die Kämpfe in dem verwüsteten Land zu beenden. Aber ein Friedensabkommen hätte wahrscheinlich zur Folge, dass Baschar al-Assad trotz seiner zentralen Beteiligung am Blutvergießen als Präsident im Amt bleibt.

Natürlich wird Trump nicht allein regieren. Aber auch der US-Kongress gibt wenig Anlass zur Hoffnung. Beide Häuser stehen nun unter der Kontrolle der Republikaner, die dazu neigen, internationale Organisationen zu verhöhnen und Hilfszahlungen zu verweigern, selbst wenn sie humanitären Zwecken dienen. Daher wird der globale Einfluss, den die USA durch seine Entwicklungshilfeagentur USAID oder durch Behörden der Vereinten Nationen ausübt, wahrscheinlich abnehmen, ebenso wie Amerikas Ruf im allgemeinen, der bereits jetzt in aller Welt beschädigt ist.

Sich nur noch um US-Interessen zu kümmern und von humanitären Zielen und moralischen Verpflichtungen Abschied zu nehmen, führt nicht zu einer effektiven – und schon gar nicht zu einer fairen – Außenpolitik. Ob die Amerikaner eine Rückkehr zu ihrer Moral und ihren Werten fordern werden, die sie so lang als Symbole der Größe ihres Landes aufrecht erhalten haben, ist unmöglich zu sagen. Klar ist allerdings, dass, bevor dies geschehen kann, Trump an der Macht ist, und sich – zum Leidwesen der Palästinenser – wahrscheinlich nicht allzu sehr um Fairness kümmern wird.

Kann ein zerbrechlicher Naher Osten dieses neue, unberechenbarere Amerika aushalten?

Daoud Kuttab

© Project Syndicate 2016

Aus dem Englischen von Harald Eckhoff