''Ich werde meine Arbeit fortsetzen''

Gegen den in Deutschland lebenden Rapper Shahin Najafi soll ein Großajatollah ein Todesdekret ausgesprochen haben. Im Interview mit Shahram Ahadi betont Najafi jedoch, sich nicht einschüchtern lassen zu wollen.

Von Shahram Ahadi

Der Rapper Shahin Najafi lebt seit 2005 in Deutschland. In seiner Musik setzt er sich kritisch mit der sozio-politischen Entwicklung im Iran auseinander. Für großes Aufsehen sorgte sein letzter Song "Naghi" - benannt nach dem zehnten Imam der schiitischen Muslime. Darin ruft der Rapper den Imam auf sarkastische und zum Teil obszöne Art auf, wieder auf die Welt zu kommen, um den apokalyptischen Zuständen im Iran ein Ende zu bereiten. Der iranische Großajatollah Safi-Golpaygani sagte zu dem Song: "Falls es eine Beleidigung oder irgendeine Schamlosigkeit gegen den Imam Naghi gegeben haben sollte, dann ist dies Blasphemie - und Gott weiß, was zu tun ist." Die iranische Presse wertete diesen Satz als Todesdekret gegen Najafi. Dem widersprach am vergangenen Donnerstag (10.5) in Teheran ein Religionsexperte: "Der Großajatollah hat direkt kein Todesurteil ausgesprochen, sondern auf eine Frage nach einer Beleidigung eines schiitischen Heiligen geantwortet."

Herr Najafi, Ihr neuster Song "Naghi" hat für viel Aufregung gesorgt. Ging es Ihnen in dem Song wirklich um den zehnten Imam der Schiiten?

Shahin Najafi: Nein, er war für mich in Wirklichkeit ein Anlass, ganz andere Themen zu behandeln. In diesem Song habe ich die iranische Gesellschaft kritisch unter die Lupe genommen. Anscheinend haben aber einige Leute bloß auf das Wort "Imam" reagiert.

In einem meiner früheren Songs ging es um den zwölften Imam der Schiiten, der ja noch erscheinen und die Welt erlösen soll. Dieser neue Song ist in gewisser Weise eine Fortsetzung. Der vom zwölften Imam enttäuschte Erzähler bittet nun den zehnten Imam, die Gesellschaft zu retten. Aber wie gesagt: Die Geschichte mit Naghi war ein Vorwand.

Es gibt bei Facebook eine Kampagne, die sich satirisch mit dem Imam Naghi befasst und sich gegen die Regierung in Teheran richtet. Die Kampagne ist dem Regime ein Dorn im Auge. Hätten Sie einen völlig anderen Song geschrieben, falls es diese Facebook-Kampagne nicht geben würde?

Najafi: Mit Sicherheit. Mir ging es um die teils kuriosen Ereignisse und Entwicklungen in Iran im letzten Jahr.

Angesicht Ihrer sehr kritischen, provokativen Songs gab es seitens des iranischen Regimes verbale Attacken gegen Sie. Auch Ihre Internetseite wurde von Hackern angegriffen. Sie müssen doch geahnt haben, wie gereizt die politische Führung auf solche Dinge reagiert - und welche Folgen das für Sie haben würde.

Najafi: Ich dachte, es könnte irgendwelche politische Folgen haben. Ich hätte aber nicht gedacht, dass es sie derart provozieren würde. Nun nutzen sie die Kampagne aus und stellen das Ganze so dar, als ob ich den religiösen Glauben der Menschen beleidigen und beschimpfen wolle.

Shahin Najafi; Foto: © DW/Hossein Kermani
Will sich nicht einschüchtern lassen: Der Rapper Shahin Najafi setzt sich in seinen Songs kritisch mit der iranischen Gesellschaft auseinander.

​​Was das Todesdekret von Herrn Safi-Golpayegani angeht, glaube ich nicht, dass es sich konkret gegen meine Person richtet.

Wie sieht Ihre jetzige Situation aus? Welche Vorkehrungen und Maßnahmen haben Sie zu Ihrem Schutz unternommen?

Najafi: Ich kann leider nicht ins Detail gehen, aber wir haben Vorkehrungen getroffen. Immerhin leben wir in einem Land, in dem es für solche Vorfälle Regelungen und Vorgehensweisen gibt. Es gibt kein Grund zur Sorge. Einige der "lieben" Regimeanhänger im Iran wollten eine Atmosphäre der Angst und Einschüchterung schaffen. Aber alles geht seinen normalen Weg, und wir werden auch unsere Arbeit fortsetzen.

Das heißt also, dass die deutsche Polizei eingeweiht ist?

Najafi: Wir haben diejenigen, die über den Vorfall unterrichtet werden mussten, informiert.

Interview: Shahram Ahadi

© Deutsche Welle 2012

Redaktion: Arian Fariborz/Qantara.de