Störung des Störsenders

Satellitenempfang ist im Iran zwar sehr populär, aber unter Strafe verboten. Bloßes Beschlagnahmen der Schüsseln hilft jedoch nicht als Gegenmaßnahme. Iranische Zensoren sind gewiefter.

​​Unentdeckt, zeitweise auch ignoriert von den staatlichen Tugendwächtern, stehen Satelliten-Empfangsschüsseln in Vor- und Hintergärten, werden stundenweise dort ausgestellt oder sind offen auf Hausdächern montiert - wie auch anderswo auf der Welt.

Vor etwas über einem Jahr schien selbst der Urheber des Sat-Verbots, der ehemalige Staatspräsident Rafsanjani, ein Einsehen zu haben und er verkündete: Vor fremden Fernsehsendungen brauche man doch keine Angst zu haben, die iranische Kultur sei doch viel stärker. In offiziellen Kreisen Teherans scheint man sich inzwischen eines Anderen besonnen zu haben.

Einsammelkommandos unterwegs

Die Demonstrationen iranischer Studenten im Juni 2003 erhielten unerwartet wirkungsvolle Unterstützung über ein halbes Dutzend exiliranischer Fernseh- und mehrerer Rundfunksender. Diese riefen aus Kalifornien zu weiteren Protesten, zu Streiks und Umsturz auf - Sender, deren Programm eigentlich recht dürftig war, sich bei der iranischen Bevölkerung aber seit einiger Zeit wachsender Beliebtheit erfreuen.

Mit einem Schlag begannen wieder Aufräumkommandos durch Teheran zu ziehen, um Satellitenschüsseln zu entfernen und Empfangsgeräte zu beschlagnahmen. Dies diente aber eher nur zur Abschreckung, denn die Empfangsanlagen gehen in die Abertausende. Die Satelliten-Zuschauer gaben sich denn auch gelassen: Dies würde sicher auch vorbeigehen. Es ging auf ganz andere Weise vorbei.

Hilfe von fernen Verbündeten

Kurz vor dem Jahrestag der Studentenunruhen des Jahres 1999 am 9. Juli blieben die Bildschirme dunkel und plötzlich war keiner der Sender mehr zu empfangen. In Teheran begannen Gerüchte zu kursieren, die Behörden hätten den Empfang mit neuartigen elektronischen Anlagen abgeblockt. Die Wirklichkeit ist aber nicht minder abenteuerlich.

Private und offizielle amerikanische Untersuchungen haben ergeben, dass der Transponder von "Telstar 12", auf dem die exiliranischen Programme ausgestrahlt wurden, nicht im Iran, sondern von Kuba aus gestört wurde. "Irgendwo in der Nähe von Havanna", so der Befund, werde die Störung erzeugt. Der politische Schluss liegt nahe: Kuba und Iran sind amerikafeindlich, Kuba konsumiert iranisches Erdöl – warum sollte es da nicht den Iranern helfen, einen solchen unliebsamen Satelliten-Transponder auszuschalten?

Sabotage!

Im Iran hüllt man sich in Schweigen. Oder man munkelt, es habe zwischen den Exilsendern und den amerikanischen Behörden Unstimmigkeiten gegeben. Eine kaum überzeugende These, zumal fast zeitgleich mit der Ausschaltung der Exilsender die "Stimme Amerikas" mit ersten persischen TV-Sendungen über einen anderen Transponder von "Telstar" begann und ebenso die "Mujaheddin" – die links-islamistische Exil-Opposition, die in den USA als Terrororganisation eingestuft sind und im Iran kaum Anhänger haben.

Die ausgetricksten Sender erwägen rechtliche Schritte gegen Kuba, denn es ist dies das erste Mal, dass ein Land Satellitensendungen eines zweiten Staates sabotiert, die für ein drittes Land bestimmt sind. Für Auslandssender ist es überdies eine traumatische Rückkehr in die Tage des Kalten Krieges, als die Sowjetunion Unsummen für die Störung westlicher Programme ausgab.

Angesichts der schlechten Beziehungen zwischen Washington und Havanna wird man juristisch kaum etwas ausrichten können. Und bis die Sender auf einen neuen Transponder umgezogen sind, werden die Iraner auf patriotische Appelle aus Kalifornien ebenso verzichten müssen wie auf Softes.

Peter Philipp

© 2003, DW-online