Ergebnis für Hamas nicht bindend

Der palästinensische Präsident Abbas will das Volk über eine Zwei-Staaten-Lösung und damit eine Anerkennung Israels abstimmen lassen. Aber: Auch das Referendum bringt keine Lösung, meint Peter Philipp in seinem Kommentar.

Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas will das Volk über eine Zwei-Staaten-Lösung und damit eine Anerkennung Israels abstimmen lassen. Das Problem: Auch das Referendum bringt keine Lösung, meint Peter Philipp in seinem Kommentar.

Nicht nur Israel und zumindest das westliche Ausland haben ihr Problem damit, dass in den Palästinensergebieten die islamistische "Hamas" an die Macht gekommen ist. Auch die bisher führende Kraft unter den Palästinensern - die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) und ihre stärkste Unterorganisation, die Fatah, -, kann sich mit den neuen Machtverhältnissen nicht anfreunden.

Einmal natürlich, weil sie ihre bisherige Vormachtstellung verloren hat. Zum zweiten aber, weil sie sieht, dass die Zukunft der Palästinenser unter einer Hamas-Regierung noch mehr in Frage gestellt wird, als dies bisher schon der Fall war. Vor allem, weil Hamas weiterhin unversöhnlich die Auflösung oder Zerstörung Israels fordert und deswegen den Weg versperrt für jede ausgehandelte Friedensregelung.

PLO-Chef und Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas will deswegen ein Referendum abhalten, in dem die Palästinenser entscheiden können, ob ihnen dies Recht ist oder nicht. Im Zentrum steht ein Dokument, das fünf führende Vertreter der PLO und auch der Hamas verfasst haben:

Die fünf - allesamt Häftlinge in israelischen Gefängnissen - haben eine Zwei-Staaten-Lösung gefordert, nach der ein Staat Palästina neben Israel entstehen soll. Die gemeinsame Grenze soll die Linie sein, die bis zum Sechstagekrieg 1967 beide Gebiete als Waffenstillstandslinie voneinander trennte.

Das Dokument der Polit-Häftlinge basiert im Großen und Ganzen auf den Grundsätzen der Osloer Abkommen, in denen Israel und die PLO - damals unter Führung Yasser Arafats - das Prinzip der Zweistaatlichkeit anerkannt hatten. Und es ist eine gemeinsame Forderung Israels, des Auslandes und auch von Mahmud Abbas, dass solche Vereinbarungen weiterhin gültig sind und durch die Hamas nicht einfach ignoriert oder annulliert werden können. Abbas hatte deswegen ein zehntägiges Ultimatum gestellt:

Entweder Hamas lenkt ein, oder der Wähler soll erneut entscheiden. Und bis zur letzten Minute verhandelte Abbas mit Hamas-Premier Ismail Haniyeh, ohne aber eine Einigung zu erzielen.

Hamas will zum Boykott des Referendums aufrufen. Und es dürfte spannend werden, ob dieser Aufruf befolgt wird. Noch spannender freilich könnte werden, was mit dem Abstimmungsergebnis gemacht werden soll: Bindend ist das Ergebnis für die Hamas-Regierung nämlich nicht, es wäre lediglich ein Signal.

Besser wäre gewesen, die palästinensischen Autonomiegebiete hätten eine Art Verfassung, in der die Grundsätze von Oslo festgeschrieben wären: Hamas hätte mit ihrem bisherigen Programm gar nicht erst zur Parlamentswahl antreten können.

Nachdem sie aber gewählt wurde, dürfte es schwer sein, sie auf einen neuen Kurs zu verpflichten. Ganz abgesehen davon, dass - wie schon bei den Wahlen - das Ergebnis dieses Referendums nicht unbedingt im Sinne von Mahmud Abbas ausfallen muss. Was, wenn eine Mehrheit sich gegen Frieden und Koexistenz ausspricht?

Selbst eine mehrheitliche Zustimmung aber würde nicht die Lösung bringen. Denn im Plan der inhaftierten Palästinenserführer steht auch, dass Flüchtlinge das Recht haben sollten, in ihre alten Heimatorte zurückzukehren - also nach Israel selbst. Das aber haben bisher alle israelischen Regierungen und Parteien abgelehnt. Und darüber wird auch die Regierung Olmert nicht verhandeln wollen.

Peter Philipp

© DEUTSCHE WELLE 2006