Ein Novum im deutschen Fernsehen

Dunya Hayali ist die erste deutsche Journalistin mit Migrationshintergrund, die eine der renommiertesten Nachrichtensendungen im deutschen Fernsehen moderiert. Sie hat irakische Eltern und fühlt sich deutsch und arabisch. Peter Philipp stellt sie vor.

Dossier von Peter Philipp

​​Mit ihrer sportlichen Erscheinung, der freundlichen Unkompliziertheit und ihrem kurzen schwarzen Haar entspricht die junge Frau nicht gerade dem Cliché einer deutschen Fernsehmoderatorin – obwohl es natürlich längst ein Märchen ist, dass diese "natürlich" blond, blauäugig und langbeinig sein muss. Seit sie vor einem Jahr Moderatorin des ZDF-"heute-Journals" und wenig später auch des "Morgenmagazins" wurde, ist Dunya Hayali die erste und bisher einzige Vertreterin dieser Sparte des seriösen Polit-Journalismus "mit Migrationshintergrund". Hinter dieser umständlichen Bezeichnung, die mehr als deutlich die Suche nach einer politisch-korrekten Umschreibung für Zuwanderer widerspiegelt, steht ganz einfach: Hayali ist zwar in Deutschland geboren, ihre Eltern aber stammen aus dem Irak.

Die "nächste Generation"

Die Journalistin und Moderatorin gehört zur "nächsten Generation", die jetzt auch in exponierte Positionen vordringt und damit beweist, dass Deutschland eben doch eine vielschichtige, um nicht zu sagen: Multikulturelle – Gesellschaft hat, in der die Abstammung weniger zählt als Fähigkeit und Leistung. So hat Dunya Hayali eine solide journalistische Ausbildung hinter sich. Sie hat jahrelang für die Sportredaktion des Deutschen Programms beim deutschen Auslandssender Deutsche Welle und dann für Deutsche Welle TV gearbeitet, bevor das ZDF sie "entdeckte". Nicht als eine "Quoten-Ausländerin", sondern aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation.

Nie mit Fremdenfeindlichkeit konfrontiert

"Es war natürlich aufregend, den Schritt von der Deutschen Welle hin zum ZDF geschafft zu haben, weil das ZDF natürlich in Deutschland mehr Beachtung findet. Und ansonsten – wenn Sie jetzt meinen Migrationshintergrund oder meinen Zuwanderungshintergrund oder wie auch immer wir es nennen wollen – ansprechen: Na klar, das war schon auch aufregend", erklärt Hayali und fährt fort:

Dunya Hayali; Foto: dpa
Ihre journalistische Karriere begann Hayali in der Sportredaktion der Deutschen Welle, wo sie nun seit 10 Jahren als Moderatorin arbeitet.

​​"Weil am Anfang viele darauf abgezielt haben; auch in allen Interviews musste ich relativ viel dazu sagen und es fiel mir am Anfang nicht so leicht, weil es für mich nie Thema war. Ich war 32 Jahre lang fern ab von diesem Thema. Ich wurde nie mit Ausländerfeindlichkeiten konfrontiert und seitdem ich beim ZDF bin, muss ich mich mit vielen Dingen auseinandersetzen, mit denen ich mich vorher nicht auseinandergesetzt habe. Aber es ist lehrreich. Und es war auf jeden Fall ein positiver Schritt – privat wie beruflich." Hayali beschönigt nichts: Es habe "ein, zwei" Anfeindungen wegen ihrer Herkunft gegeben und sie habe sich damit auseinandersetzen müssen. Selbst das sei eine interessante Erfahrung gewesen, denn natürlich habe sie sich auch früher schon journalistisch mit dem Thema Ausländerfeindlichkeit beschäftigt, aber solange man dabei über andere und nicht sich selbst berichte, habe man noch ein wenig Distanz und Schutz.

"Integrationsbeauftragte der Medien"

"Wenn es dann plötzlich die eigene Person betrifft, fragt man sich schon: Was passiert da jetzt eigentlich? Weil man es nicht kontrollieren kann, man kann es nicht steuern. Und man fragt sich auch: Warum schreiben die so was? Warum sagen die so was? Die kennen mich doch gar nicht. Und es ist natürlich auch eine Aufgabe, die ich gefunden habe", sagt Hayali. "Mancher sagt jetzt immer lustig: Du bist jetzt die Integrationsbeauftragte der Medien und am Anfang war das lästig und es hat auch ein bisschen genervt, weil mir ging es natürlich darum, dass ich den Job bekommen habe, weil ich qualifiziert bin für den Job und nicht, weil ich einen Migrationshintergrund habe," meint Hayali und erklärt: "Aber ich habe gelernt, die Rolle und diese Position zu nutzen. Man kann viele Vorurteile aufräumen und beiseite schieben und das ist einfach Sinn und Zweck. Und die Rolle hab ich jetzt gefunden und die macht mittlerweile auch wirklich viel Spaß."

Überwiegend positive Reaktionen

Die positiven Reaktionen von Zuschauern aber überwiegen eindeutig. Und Dunya Hayali ist überrascht, dass besonders viele ältere Menschen darunter sind, die ihr persönlich Komplimente aussprechen und auch die Tatsache begrüßen, dass jemand mit nicht "typisch deutschem" Hintergrund in einer so exponierten Stelle tätig ist. Natürlich gebe es in der Redaktion noch andere Mitarbeiter mit ähnlichem Hintergrund, meint Hayali. Die aber stehen nicht vor der Kamera und treten damit in der Öffentlichkeit nicht in Erscheinung. Gerade in Berlin bildeten sich inzwischen einige Netzwerke dieser Leute und sie arbeite in einem davon mit. Und auch sie stolpert über den Begriff "Migrations-Hintergrund", hat aber auch keine Alternative gefunden:

"Ich habe keinen Migrationshintergrund"

"Er stimmt auch nicht: Ich habe keinen 'Migrations-Hintergrund'. Wenn man mich fragt, dann habe ich sowieso 'Migrations-Vordergrund'. Also ich stelle das nicht in den Hintergrund, sondern ich war schon immer jemand, der gesagt hat 'meine Eltern kommen aus dem Irak. Der Irak ist ein tolles, faszinierendes Land'", erklärt Hayali. "Wenn Sie mich fragen: Als was fühlst Du Dich? Ich fühle mich erst mal als Mensch. Für mich ist es nicht wichtig, ob ich deutsch bin, Iraker oder Araber bin oder Türke oder Schwede oder Holländer. Das spielt für mich keine Rolle, aber ich identifiziere mich natürlich trotzdem mit der Herkunft meiner Eltern und mit der Kultur meiner Eltern." Dies sei für sie das Allerwichtigste, meint Dunya Hayali. Und erinnert sich zufrieden auch an die Reaktionen von Exilirakern, die sich gefreut haben, jemanden "aus der Heimat" im deutschen Fernsehen zu sehen. Solche Befriedigung scheint ihr wichtiger als die treffende Selbst-Definition. Vielleicht 'Menschen mit anderen Wurzeln'? Nein, das sei es wohl auch nicht. Zum Abschied verspricht sie, sich zu melden, wenn sie etwas Besseres finden sollte.

Peter Philipp

© Deutsche Welle 2008

Redaktion: Loay Mudhoon/Qantara.de