Neue Impulse für wirtschaftlichen Aufbruch zwischen Euphrat und Tigris

Die Möglichkeiten der deutschen Wirtschaft, sich am Wiederaufbau des Irak zu beteiligen, sollen am 2. September auf einem „deutsch-irakischen Wirtschaftstag“ auf dem Petersberg bei Bonn diskutiert werden. Hierzu laden die Industrie- und Handelskammern Bonn/Rhein-Sieg, Köln und Bielefeld ein.

Vertreter von rund 100 überwiegend mittelständischen Betrieben sollen dabei erklärt bekommen, wie sie Geschäftskontakte mit dem Irak knüpfen oder alte Kontakte wieder aufnehmen können. Eine Expertise zu Geschäften mit dem Irak bietet eine erst vor wenigen Monaten gegründete "Deutsch-Irakische Mittelstandsvereinigung", die im Irak über beste Verbindungen verfügt. Die Vereinigung der irakischen Geschäftsleute ist ein Zusammenschluss von rund vierhundert mittelständischen Unternehmen im Irak, sagt Vorstandsmitglied Dorothea Gelan Khulusi: „Alle diese Unternehmern haben die Embargo- und Kriegsjahre überlebt. Sie haben zum Teil Unternehmen, die schon mit deutscher Technologie errichtet wurden, die jetzt einen Sanierungsbedarf haben und die sich von uns hier von der Deutsch-Irakischen Mittelstandsvereinigung in Deutschland exklusiv vertreten lassen, um die Kontakte wieder herzustellen, weil das Kommunikationsproblem mit dem Irak ja so ausgeprägt ist.“

Hürden beim Aufbau unproblematischer Handelsbeziehungen

Es ist natürlich nicht nur das Kommunikationsproblem, das Geschäfte mit dem Irak heute beträchtlich erschwert. Solange es dort keine eigene irakische Regierung, sondern ein Besatzungsregime gibt, scheinen viele Regeln und Gesetze ausgesetzt, und es gibt für Geschäfte keine Garantien. Schon gar nicht von staatlicher deutscher Seite, die den Handel mit anderen Ländern durch Hermes-Bürgschaften absichert. Ist es deswegen nicht ein wenig viel verlangt von einem deutschen Mittelständler, sich gerade jetzt im Irak zu engagieren? Jedenfalls meint Dorothea Gelan Khulusi, dass man einen gewissen Pioniergeist haben muss, um sich heute auf ein Irak-Geschäft einzulassen: „Vor allem muss man einen Vertrauensvorschuss mitbringen. Das, denke ich, ist nach wie vor nötig. Denn der Irak ist natürlich kein rechtsfreier Raum. Er ist eine Freihandelszone.“ Außerdem existiere ein irakisches Handelsrecht, das von den Besatzungsmächten auch nicht ausgehebelt worden sei, so Khulusi.

Foto: AP
Ölförderung in Kirkuk

​​Die Mittelstandsvereinigung will deutschen Interessenten auch ersparen, in den Irak zu reisen. Das sei vorläufig wirklich noch etwas zu riskant. Wichtig seien dagegen die Kontakte. Die Iraker seien sehr interessiert an der Wiederaufnahme der Wirtschaftsbeziehungen. Und über die Zahlungsmoral brauche man sich keine Sorgen zu machen: Die älteste Privatbank des Irak sei eingeschaltet und sobald das Geld dort eingezahlt sei, könne die Ware Deutschland verlassen. Doch damit diese Ware auch ordnungsgemäß im Irak ankommt, ist ein erheblicher logistischer Aufwand erforderlich. Joachim Donath, Geschäftsführer eines großen Logistik-Unternehmens aus Siegen, das seit den 70er Jahren im Irakgeschäft ist, äußert sich denn auch skeptisch zum Warentransfer: „Es war in der Vergangenheit schon immer keine einfache Aufgabe, Waren in den Irak zu bekommen und diese Aufgabe ist auch nicht einfacher geworden. Für uns ist sie eher schwieriger geworden. Und zwar in erster Linie auf Grund der nicht vorhandenen Sicherheit.“

So hart wie zunächst befürchtet, scheint der Wettbewerb mit amerikanischen Firmen allerdings bisher nicht zu sein. Immer dann, wenn deutsche Firmen liefern oder leisten können, wozu die Amerikaner nicht in der Lage sind, sind die Chancen recht gut. Obwohl sich die offizielle deutsche Haltung zum Irakkrieg nicht gerade förderlich auswirkt. Es sei aber bereits deutlich zu spüren, dass die Amerikaner die Hilfe - auch der deutschen Wirtschaft - brauchen, wenn sie den Irak tatsächlich wieder aufbauen wollen. Und deswegen hielten sich die Behinderungen und Benachteiligungen deutscher Firmen noch in recht engem Rahmen.

Peter Philipp &copy Deutsche Welle 2003