Mathias Rösel, 11. August 2007

zu: Kein Prophet namens Muhammad?, von Daniel Birnstiel

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Wurzel h-m-d "begehren" (itpael) ist im Syrischen, der Sprache der christlichen Aramäer, sehr wohl belegt (vgl. Friedrich Schultheiß, Lexicon Syropalaestinum, 1903, Neudr. Amsterdam 1979, S. 66).

So haltlos, wie Herr Birnstiel glauben machen will, sind die Thesen auch wieder nicht.

Viele Grüße

Mathias Rösel

Antwort:

Das "Syropalästinische" ist keinesfalls identisch mit dem "Syrischen" oder "Syroaramäischen", von dem bei Luxenberg die Rede ist. Gerade wegen dieser problematischen Nomenklatur nennt man es heute "Christlich-Palästinensisches Aramäisch" (Christian Palestinian Aramaic) zur Abgrenzung vom jüdischen Aramäisch Palästinas und vom samaritanischen Aramäisch Palästinas.

Sprachlich gesehen gehören das palästinische "Syrisch" und das Syrisch im eigentlichen Sinne (von dem bei Luxenberg die Rede ist, also sein "Syroaramäisch) zwei verschiedenen aramäischen Sprachzweigen an, ersteres ist Westaramäisch, letzteres Ostaramäisch. Ersteres steht näher an der Sprache des Jerusalemer Talmuds, der samaritanischen Schriften etc., letzteres am jüdischen Aramäisch Palästinas, am Mandäischen etc.

Ferner beginnt die handschriftliche Überlieferung des christlichen Aramäisch mit dem 9. Jahrhundert, wenngleich sie natürlich auf frühere Schriften zurückgeht.

Für das Syrische im eigentlichen Sinne ist ausschlaggebend, was der Thesaurus zur Wurzel h.m.d sagt, nämlich "rad. ap. Syros inusit", auf Deutsch "die Wurzel ist bei den Syrern nicht in Gebrauch".

(Die dort zitierten Belege - abgesehen von den Transkriptionen arabischer Eigennamen - stammen alle aus dem so genannten "Evangeliarum Hierosolymitanum", einer palästinisch-christlichen Handschrift, die auf das Jahr 1030 n.Chr. datiert ist.

Hierzu Agnes Smith-Lewis & Margaret Dunlop Gibson (Hrgb.), "The Palestinian Syriac Lectionary of the Gospels", London, 1899, S. ix. Die bei Schulthess gegebenen Belege entstammen wohl ebenfalls dieser Handschrift.)

Daniel Birnstiel

Antwort:

Es ist richtig, unter Syrisch versteht man die durch den östlichen Dialekt von Edessa geprägte aramäische Sprache der Christen, die bis zur Verbreitung des Arabischen im 8. Jahrhundert Volkssprache war. Im strengen Sinn ist das Aramäische der palästinischen Christen Melkiten also kein Syrisch.

Allerdings sind die Unterschiede nicht so gewaltig wie im jüdischen Bereich, wo das Aramäisch des babylonischen Talmuds fast eine andere Sprache ist als das galiläische Aramäisch der palästinischen Targumim und des Jerusalemer Talmuds. Die Melkiten haben nicht so anders gesprochen als Jakobiten und Nestorianer, und in ihrer Literatur ist die Wurzel h-m-d (begehren) als Wiedergabe des griechischen epithymein / epithymia eben doch belegt.

Die Handschriften, die Friedrich Schultheiß dazu in seinem Lexikonband anführt, sind zahlreich. Das Evangeliarum Hierosolymitanum ist nur eine unter zig anderen Quellen.

Schultheiß' Lemma zu h-m-d wird übrigens auch im Hebräisch-Wörterbuch von Gesenius unter derselben Wurzel zitiert. Dass diese und etliche andere Wurzeln hingegen im großen Thesaurus nicht oder falsch aufgenommen sind, kritisiert und bedauert Schultheiß in seinem Vorwort nachdrücklich, dies allerdings höflich auf Latein, wodurch die Kritik wohl nicht jedermann zugänglich ist.

Mathias Rösel