Demokratisierung als Königsweg der Politik

Ein Jahr nach der Verleihung des Friedensnobelpreises an Schirin Ebadi ist die iranische Menschenrechtlerin nach Deutschland gekommen, wo ihr der "Leibniz-Ring" in Hannover verliehen wurde.

Peter Philipp berichtet

Foto: Peter Philipp
Schirin Ebadi beim Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Hannover

​​Wenn Menschen nicht einverstanden seien mit der Politik ihrer Regierungen, dann gebe das anderen Ländern kein Recht, ihrerseits sich einzumischen und dabei die Menschenrechte zu verletzen. Schirin Ebadi, iranische Anwältin, Menschenrechtskämpferin und Friedensnobelpreisträgerin, macht kein Geheimnis daraus, dass sie fremde Einmischung ablehnt. Im Irak und auch im Iran.

Die zwei Hauptübel der Region seien einmal der Mangel an Freiheit und Demokratie, zum anderen aber ihre Bodenschätze und die "Gier" anderer Staaten, diese unter ihre Kontrolle zu bekommen, so die 57jährige Juristin.

Die beste Lösung sei eine Demokratisierung, denn wenn die Menschen zufrieden seien, dann identifizierten sie sich mit ihrem Land und ihrer Regierung und dies ergebe eine unschlagbare Einheit, gegen die fremde Kräfte machtlos seien.

Unerschrockenes Engagement für die Pressefreiheit

Was die Situation im Iran betreffe, so sei es weiterhin schlecht bestellt um die Menschenrechte. Auch und besonders die Stellung der Frau habe sich – von einigen kleinen Ausnahmen abgesehen – nicht verbessert.

Auch die Pressefreiheit sei weiterhin unterdrückt und Menschen würden politisch verfolgt. Ebadi setzt sich für politisch Verfolgte ein und sie gibt zu, dass sie dabei gelegentlich auch Angst hat. Das sei aber ein Instinkt – so wie Hunger – und könne sie nicht von ihrer Arbeit abhalten.

Das Jahr seit der Verleihung des Friedensnobelpreises resümiert die Juristin denn auch nüchtern: Man habe weiter gearbeitet:

"Es ist klar, dass der Nobelpreis mich ins Licht der Öffentlichkeit rückt. Aber gerade das hat sehr dazu beigetragen, dass wir unsere Ziele weiter verfolgen und unsere Arbeit fortsetzen. Und wie ich sagte: Durch den Preis können wir unsere Stimme noch lauter und deutlicher zu Gehör bringen."

Im Iran sei sie nicht die einzige, die solche Ziele verfolgt, betont sie bescheiden. Viele Menschen dächten so wie sie und natürlich gebe es dabei auch Schwierigkeiten. Aber "jede Aktivität hat ihren Preis und man muss bereit sein, diesen zu zahlen."

Aufruf gegen Todesurteile

Der nächste Test könnte schon bald kommen, denn Ebadi hat die Bevölkerung zu einer Versammlung in einem der größten Parks Teherans eingeladen, um dabei gegen die Verhängung von Todesurteilen gegen Jugendliche zu sprechen.

Ebadi ist sich nicht sicher, ob die Versammlung genehmigt wird. Über Rundfunk und Fernsehen könne sie sich aber natürlich nicht an die Bevölkerung wenden, dort werde sie seit über 20 Jahren boykottiert.

Schirin Ebadi traf sich unter anderem in Berlin mit Bundesaußenminister Joschka Fischer. Mehr als moralische Unterstützung hat dieser ihr aber offenbar nicht zugesagt:

Von ausländischen Regierungen enttäuscht

"Ich habe niemanden um persönliche Unterstützung gebeten: Die Aufgabe besteht darin, die Menschenrechtssituation im Iran – so, wie sie ist, zu reflektieren. Und die Weltöffentlichkeit darauf aufmerksam machen, was sich im Iran abspielt."

Überhaupt ist Ebadi eher skeptisch darüber, was das Ausland tun könne. Am besten sei noch der Weg über die Medien. Diese müssten sich aber darum bemühen, die Dinge richtig darzustellen und zu erklären.

Wenn die Menschen in der Welt erfahren, wie die Verhältnisse anderswo wirklich sind, dann werden sie einander auch zu Hilfe kommen. Von den Regierungen erwartet Ebadi nicht viel:

"Deshalb bitten wir die Deutschen, das deutsche Volk, mit uns zu arbeiten. Ich denke, dass in Deutschland zum Beispiel die Massenmedien uns viel mehr unterstützen – weil sie mit Menschen zu tun haben – als die Regierung. Und gerade aus diesem Grund verbringe ich heute mit Ihnen so viele Stunden, um mich mit der Presse auseinander zusetzen."

Peter Philipp

© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2004