Kräftemessen auf Kosten der Soldaten

Was sich gegenwärtig zwischen Großbritannien und dem Iran abspielt, verdeutlicht das Dilemma, in dem nicht nur London, sondern der Westen insgesamt gegenüber Teheran steckt. Peter Philipp kommentiert.

Britische Marinesoldaten in der Nähe von Basra; Foto: AP
Britische Marinesoldaten während einer Operation südlich von Basra

​​Da wird im Atomstreit schweres Geschütz aufgefahren und von Sanktionen gesprochen, die sich dann aber sehr schnell als wenig effektiv erweisen. Und auch im Fall der gefangenen oder entführten 15 britischen Marine-Soldaten droht der britische Premier mit ernsten Maßnahmen, verkündet wird aber nur das Einfrieren der Beziehungen mit Teheran: Keine offiziellen Besuche und keine Geschäfte mit dem Iran. Als ob das die Lösung wäre.

Nun ist es sicher gut, dass die Zeit der so genannten Kanonenboot-Diplomatie der Vergangenheit angehört. Nur die Erklärungen der Politiker erinnern noch daran, nicht aber ihre Taten. Sonst wäre der Zwischenfall schon längst zu einem offenen Konflikt eskaliert, den London als "iranische Piraterie", Teheran aber als legitime Verteidigung seiner territorialen Gewässer hinstellt. Keine der beiden Seiten kann an einer weiteren Eskalation interessiert sein, schon gar nicht an einer militärischen Zuspitzung.

Deswegen wäre es sicherlich besser, den Fall mit stiller Diplomatie zu lösen. Aber das ist natürlich leichter gesagt als getan: Selbst wenn Tony Blair bald aus dem politischen Geschäft ausscheidet, so muss er gegenüber der eigenen Bevölkerung doch Entschlossenheit demonstrieren.

Ebenso die iranische Führung. Egal, ob der Zwischenfall geplant war oder nicht - er kommt politischen Kreisen in Teheran natürlich gelegen: Eben noch hat London die Verhängung weiterer Sanktionen mit durchgedrückt und nun kann man es den Briten zeigen. Ihnen hat man vieles aus der Vergangenheit nicht verziehen: Die schamlose Ausbeutung der iranischen Öl-Vorkommen und auch den fast schon rassistischen Hochmut gegenüber der iranischen Bevölkerung.

Um die Wellen zu glätten, nützt es auch nichts, die Auswertung von Satelliten-Navigation vorzuführen. Wer das nicht glauben will, wird es nicht glauben. Und in Teheran will man es nicht glauben. Ganz abgesehen davon, dass der Wert solcher Linien angesichts des seit Jahrzehnten umstrittenen Grenzverlaufs in der Gegend ja ohnehin mit Vorsicht genossen werden kann.

In solch einer Situation und vor solch einem Hintergrund kann London herzlich wenig tun. Vielleicht wäre es aber sinnvoll gewesen, einmal fünf gerade sein zu lassen und von einem "möglichen und bedauerlichen Irrtum" zu sprechen, statt rechthaberisch auf der eigenen Position zu beharren. Die Devise "Der Klügere gibt nach!" mag zwar nicht zu den Strategien Krieg führender Nationen gehören, im vorliegenden Fall hätte sie aber von Anfang an für Deeskalation sorgen können.

Erst wenn Teheran dann auch noch hart geblieben wäre, dann hätte es sich wirklich ins Abseits manövriert. So aber lässt London sich auf ein Kräftemessen ein, das es nicht gewinnen kann und das auf dem Rücken der 15 Soldaten ausgetragen wird.

Peter Philipp

© DEUTSCHE WELLE 2007