Kathrin Ehrenspeck, 19. März 2010

zu Sexuelle Belästigung in Ägypten

Nicht alles auf den Koran schieben, bitte!
Kant weiß, dass das Denken sich nicht selber denken kann und Gott als seinen Ursprung braucht. Gott ist ihm zufolge (Kritik der reinen Vernunft) nicht der Widerspruch, sondern die Voraussetzung der Vernunft und des Sittengesetzes. Im selben Sinne ist Gott im Koran an vielen Stellen als uns innewohnender Ursprung des Denkens und des Sittengesetzes ausgedrückt. Innewohnend heißt im Koran „näher als die Halsschlagader“ (bei Jesus ‚mitten unter uns’, laut Buddha ‚die Stille in uns selber’) und immer wieder sind dort die Welt, die Natur und auch die Offenbarung selbst "Zeichen für die Nachdenklichen" genannt – Zeichen, Symbole demnach, etwas zu Entschlüsselndes und keine plumpe Handlungsanweisung, die ohne denken zu befolgen wäre. Leider hat der westliche Mensch nur eine technische, aber nie eine spirituelle Aufklärung durchlebt. Er kennt zwar Kants berühmte Aufforderung zum Heraustreten aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit, aber nicht die Konsequenzen, die dieser daraus zog. Sicher, dass die Erde eine Scheibe ist, kann man ihm nicht mehr erzählen, aber dass Gott ein Objekt ist, das von außen her Befehle erteilt, glaubt er heute noch so wie im Mittelalter. Vielleicht rebelliert er gegen diesen Gedanken, aber er hinterfragt ihn nicht und transzendiert ihn erst recht nicht, insofern ist er um keinen Deut besser als alle, die moralisch zweifelhaftes Verhalten mit einem Gebot Gottes egal welcher Religion begründen. Alternativ würde ich vorschlagen, auch diese Sure samt des „relativierenden“ Kontext wirklich als Offenbarung aufzunehmen, also als Gleichnis, das wir nur verstehen können, wenn wir auf die Resonanzschwingung in uns selber hören. – Dies ein Gruß vom „Saatfeld“.