Eine Pionierin des ägyptischen Frauenfußballs

Sahar al-Hawari hat viele Kämpfe mit den ägyptischen Konservativen ausgefochten, denn diese halten Fußball spielende Frauen für nicht vereinbar mit der islamischen Moral. Im Juli wird die ägyptische Frauenelf bei der Jugendmeisterschaft in Stuttgart dabei sein.

Die ägyptische Fußballtrainerin Sahar al-Hawari hat viele Kämpfe mit den Konservativen ausgefochten, denn für diese sind Fußball spielende Frauen nicht vereinbar mit der islamischen Moral. Im Juli wird ihre Mannschaft bei der Jugendmeisterschaft in Stuttgart dabei sein. Mit Sahar al-Hawari sprach Nelly Youssef.

Sahar al-Hawari; Foto: Ahram Weekly
Sahar al-Hawari: "Auch in anderen arabischen Ländern habe ich mich dafür stark gemacht, Frauen mit fußballerischen Ambitionen zu fördern."

​​Wie bist du den Reaktionen der Religionsgelehrten und der konservativen Ägypter auf den Frauenfußball begegnet?

Sahar al-Hawari: 1996 habe ich nach zahlreichen Auseinandersetzungen mit der ägyptischen Fußballvereinigung die erste ägyptische Fußballnationalmannschaft für Frauen gegründet. Seit damals sehe ich mich ständig beißender Kritik ausgesetzt. Die einen meinen, dieser Sport sei mit dem orientalischen Sittlichkeitsempfinden nicht vereinbar. Die anderen, hauptsächlich religiöse und konservative Bevölkerungsschichten, sehen den Frauenfußball im Widerspruch zur islamischen Lehre.

In einigen Zeitungen und in anderen oppositionellen Medien wurde sogar gesagt, Fußball sei Männersache, Frauen hätten sich da nicht einzumischen. Allmählich verebbt die Kritik, denn man hat erkannt, dass eine strenge Auslegung der Glaubensrichtlinien jeglichen Frauensport verbieten würde.

Von religiöser Seite gab es auch den Einwand, die Fußballbekleidung verdecke den weiblichen Körper nicht in ausreichender Weise. Die Kleidung bedeckt einen Großteil des Körpers, habe ich geantwortet, außerdem konzentrieren sich die Zuschauer auf die Geschicklichkeit der Spielerinnen, nicht auf ihren Körper.

Allmählich begann die öffentliche Meinung sich zu ändern. Die Presse kritisierte uns nur noch, wenn wir kein gutes Spiel ablieferten. Es ging nicht mehr darum, sich darüber zu mokieren, wenn junge Frauen Fußball spielten. Wir haben die traditionell empfundene Abneigung gegenüber Frauen, die auf dem Fußballfeld stehen, überwunden! Auch die Medien interessieren sich zunehmend für unseren Sport.

Einige Spiele wurden bereits live übertragen, z.B. bei der ersten arabischen Meisterschaft im Frauenfußball im vergangenen April. Die Meisterschaft war wirklich ein gewaltiger Schritt für die Emanzipation der Frau. Sie zeigt, wie breit die Zustimmung in den arabischen Ländern zur Beteiligung der Frauen in allen Gesellschaftsbereichen ist, sogar im Fußball.

Wie hat deine Fußballleidenschaft begonnen?

Al-Hawari: Das verdanke ich meinem Vater, dem internationalen Schiedsrichter Izzat al-Hawari. Mit ihm habe ich die Welt entdeckt. Seit meiner frühesten Kindheit bin ich mit ihm in den Club gegangen, wo ich das Fußballenspielen von ihm gelernt habe.

Gleich nach Abschluss meines Studiums an der American University habe ich beschlossen, mich im Bereich Sport zu betätigen. Als ich Anfang der 90er Jahre die ägyptische Fußballvereinigung überzeugt hatte, dass man den Frauenfußball fördern müsse, bin ich auf die Suche nach Spielerinnen in den Armenvierteln ganz Ägyptens gegangen. Ich habe Clubs besucht, in denen Mädchen andere Sportarten betreiben, habe mich an ihre Freundinnen gewandt und auch an die Familien.

Ich habe sie gebeten, dass ich ein Jahr lang mit ihren Töchtern trainieren darf. 25 Mädchen hatte ich bei mir zuhause, zwischen 15 und 22 Jahre alt. Fünf Jahre haben wir zusammen trainiert, ich habe einen Teil meines Besitzes verkauft, um meinen Traum zu verwirklichen. Die jungen Ägypterinnen spielen mittlerweile wirklich ausgezeichnet. Sie haben an internationalen Meisterschaften teilgenommen und sie haben richtig abgeräumt.

Haben die Familien der Mädchen keine Probleme gemacht?

Al-Hawari: Leicht war es natürlich nicht. Aber die Mädchen haben sich durchgesetzt. Mit der Zeit wurden sie immer offener. Einige Dorfmädchen haben sogar den Schleier abgelegt. Und inzwischen fühlt sich der Großteil von ihnen wohl beim Spielen. Ich habe einen starken Willen, lasse mich nur schwer unterkriegen. Ich habe nicht locker gelassen, bis ich sogar die Unterstützung der FIFA hatte für meinen Vorschlag, die Förderung jeder arabischen Organisation zu unterlassen, in deren Land es keinen Frauenfußball gibt.

Auch in anderen arabischen Ländern habe ich mich dafür stark gemacht, Frauen mit fußballerischen Ambitionen zu fördern, zum Beispiel seit Anfang 2003 bei der Fußballvereinigung von Bahrain. Die Fußballvereinigung der Vereinigten Arabischen Emirate konnte ich von der Gründung einer Nationalmannschaft für Frauen überzeugen.

Die Universität von Kuwait habe ich dazu gebracht, zusammen mit anderen Frauenuniversitäten ein Fußballturnier zu veranstalten. Bei den konservativen Muslimen in Kuwait hat das massive Widerstände hervorgerufen, für die das Eindringen der Frauen in diese traditionelle Männerdomäne einer Rebellion gleichkommt.

Was haben die jungen ägyptischen Spielerinnen von der deutschen Mannschaft gelernt, die im vergangenen Monat mit ihrer Trainerin Tina Theune-Meyer in Ägypten zu Besuch war?

Al-Hawari: Eine ganze Menge. Teamgeist, die Nachteile von Alleingängen und die neuesten Trainingsmethoden der Deutschen. Die Trainerin der deutschen Frauen hat das hohe Niveau der ägyptischen Spielerinnen bestätigt, einige der ägyptischen Mädchen können sogar in den europäischen Profifußball wechseln.

Und das, wo unsere Fördermöglichkeiten für die Spielerinnen, verglichen mit einem Land wie Deutschland, doch eher bescheiden sind. Allerdings hat sie uns auch auf Fehler aufmerksam gemacht, zum Beispiel ist unser Spielaufbau zu langsam, wir treten zu unorganisiert auf. Ganz sicher werden wir noch viel mehr von diesem Austausch profitieren, wenn wir im kommenden Juli an den Jugendmeisterschaften der UNESCO in Stuttgart teilnehmen werden.

Nelly Youssef

Aus dem Arabischen von Stefanie Gsell

© 2006 Qantara.de

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