Film nach Kritik islamischer Vertreter verboten

Kaum war der Film mit dem Titel "Kiss Me Quick" in den indonesischen Kinos angelaufen, protestierten die religiösen Moralhüter. Der Jugendfilm führe die Jugend in den Sittenverfall. Einzelheiten von Anna Lay

​​Schon beim Titel fängt der Unmut an: "Schnell, küss mich!", so H. Amidhan, Vorsitzender des indonesischen islamischen Rats, lade die Jugendlichen ganz klar dazu ein, Verbotenes zu tun. Denn im Islam dürfe man sich erst berühren, wenn man verheiratet ist. Von Küssen ganz zu schweigen. Wenn den Jugendlichen also vorgemacht werde, dass man sich bei einem Kuss frei fühlen darf, bestehe die Gefahr, dass sie auch die Bereitschaft entwickelten, Ehebruch zu begehen.

Klingt nicht sehr nahe liegend? Für H. Amidhan schon, denn für ihn ist ein Kuss die Wurzel des Ehebruchs.

Deshalb machte er auch moralischen Druck auf die Regierung. Denn wie die Leiterin der Zensurbehörde, Titie Sahid erklärte, können Ministerien Filme auch nachträglich noch vom Spielplan nehmen:

Filme, die die Gesellschaft destabilisieren

"Regionale Regierungen und auch das Ministerium für Kultur und Tourismus können einen schon genehmigten Film verbieten lassen, wenn sie der Meinung sind, der Film destabilisiere die Gesellschaft und errege öffentliches Ärgernis."

Öffentliches Ärgernis erregte nun dieser Film mit dem angeblich "anstößigem" Titel "Schnell, küss mich!". Es ist ein Film, bei dem – wohlgemerkt – erst nach 80 Minuten der erste scheue Kuss über die Leinwand läuft.

In dem Film geht es um die erste große Liebe eines jungen Mädchens in der Metropole Jakarta, das sich ihrem ersten Kuss entgegensehnt. Ein in Augen der meisten westlichen Zuschauer harmloser Plot, den islamische Würdenträger in Indonesien aber als jugendgefährdend ansehen.

Weshalb der Film überhaupt ursprünglich von der indonesischen Zensurbehörde genehmigt worden ist, ist konservativen islamischen Kräften unverständlich. Titie Sahid von der indonesischen Zensurbehörde windet sich:

"Wir haben ursprünglich die Genehmigung für das Kino erteilt, weil wir so die Möglichkeiten haben, den Zugang zu kontrollieren und zu überwachen. Der Film läuft in den Filmtheatern schließlich in geschlossenen Räumen und beim Ticketverkauf lässt sich das Alter der Zuschauer kontrollieren."

Andeutungen von Lippenkontakt

Außerdem waren "brisante" Szenen bereits der Zensurschere zum Opfer gefallen. Von den ursprünglich acht Küssen in dem Streifen blieben dem Zuschauer nur noch zwei erhalten. Und auch bei diesen beiden ließ sich der Lippenkontakt mehr erahnen als tatsächlich sehen.

In Indonesien klaffen die Meinungen über Moral und Sittlichkeit beim Kuss des Öfteren auseinander: Anfang des Jahres versuchte der Justizminister einen Gesetzesentwurf durchzubringen, der das Küssen in der Öffentlichkeit strafbar machen sollte.

Begeistert waren die insgesamt eher moderat religiösen Indonesier davon nicht. Die logische Folge: Der Entwurf wurde abgelehnt.

Die Öffentlichkeit hatte eigentlich auch kein Problem mit dem jetzt in die Kritik geratenen Film. Und wahrscheinlich wäre auch den islamischen Würdenträgern in Indonesien – einem Land mit 90 Prozent muslimischer Bevölkerung – keine Bedenken gekommen, wären nicht gerade die rausgeschnittenen Kuss-Szenen für die Fernseh-Trailer zur Ankündigung des Films verwendet worden.

Wie das passieren konnte erklärt die Vorsitzende der Zensurbehörde so:

"Weil diese Kontrolle bei der Ausstrahlung im Fernsehen nicht möglich ist, haben wir deshalb dort keine Genehmigung erteilt", so Sahid. "Dass die Trailer im Fernsehen liefen, beruhte auf einem Irrtum. Deshalb konnte der Film auch rückwirkend aus dem Kinoprogramm genommen werden, obwohl vorher die Genehmigung von uns erteilt wurde."

Das Erstaunliche daran ist nur, dass gerade im indonesischen Fernsehen durchaus freizügige Filme aus den USA und Daily Soaps aus Indien en masse zu sehen sind – und das ganz ohne Zensur... Bei der eigenen Film- und Fernsehproduktion setzt man in Indonesien bislang noch strengere Kriterien an.

Anna Lay

© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2004