Im Geist der Versöhnung

Königin Noor, Witwe des vor vier Jahren verstorbenen König Hussein von Jordanien, hat ihre Memoiren veröffentlicht. Peter Philipp von der Deutschen Welle hat das Buch gelesen.

Königin Noor, Witwe des vor vier Jahren verstorbenen König Hussein von Jordanien, hat ihre Memoiren veröffentlich. Peter Philipp von der Deutschen Welle hat das Buch gelesen.

Ihren späteren Ehemann habe sie zuerst durch das Objektiv eines Photoapparates gesehen, den ihr der Vater auf dem Flughafen von Amman in die Hand gedrückt habe, damit sie ihn und König Hussein photographiere. Lisa Halaby - so hieß die junge Dame - war versteinert, aber die drückte ab. Das war im Winter 1976, auf dem Weg vom Iran in die USA. Zwei Jahre später wurde aus der amerikanisch erzogenen Princeton-Absolventin in Architektur und Stadtplanung Königin Noor von Jordanien.

Memoiren von Royals - zumal noch von Witwen verstorbener Könige - stehen im Ruf enger Seelenverwandtschaft mit Courts-Mahler oder der gelben Klatschpresse. Nicht so "Im Geist der Versöhnung. Ein Leben zwischen zwei Welten" - die Erinnerungen der Königin Noor. Ungewöhnlich genug, dass eine arabische Königin ihre Memoiren veröffentlicht, aber vieles ist ungewöhnlich an dieser Frau, nicht nur die Art und Weise, wie sie ihren späteren Ehemann kennen gelernt hat.

Unprätentiös, offen und ehrlich

Die lockere und unprätentiöse Art ihrer arabisch-amerikanischen Erziehung macht die Königin nicht nur umgänglicher als viele ihrer direkten Mitarbeiter, sie trägt auch dazu bei, dass in diesem Buch keine Clichés gepflegt werden. Die Autorin gibt unumwunden zu, dass sie ursprünglich eigentlich kaum etwas über Jordanien gewusst habe. So wie sie dann aber das Land kennen und lieben gelernt hat, so vermittelt sie es jetzt ihren Lesern weiter.

Und hierbei geht es nicht allein um Land und Leute, um Kultur, Landschaft oder Vegetation. Königin Noor versteht sich auf die richtige Mischung von sehr persönlichen Anekdoten, der Beschreibung nationaler Probleme und Entwicklungen sowie der komplizierten nahöstlichen Diplomatie: König Hussein war einer der entschlossensten Verfechter eines Nahostfriedens, hatte 1994 auch Frieden mit Israel geschlossen und seine Frau hat vieles aus nächster Nähe miterlebt. Ein besonderer Blickwinkel auf Begegnungen mit israelischen, amerikanischen und anderen Politikern. Nicht getrübt durch Rücksichten aus Staatsräson, sondern ebenso offen und ehrlich, wie König Noor immer schon in der Öffentlichkeit auftritt.

Brücke in die Moderne

Obwohl ihr Mann bereits vor vier Jahren an Krebs gestorben ist, spricht hier nicht die "Witwe König Husseins", sondern Königin Noor al-Hussein; immer noch unermüdlich im Einsatz für humanitäre Fragen: War sie als Studentin bereits unter den Demonstranten gegen den Vietnamkrieg der USA, so engagiert sie sich seit Jahren für die Weltbevölkerungsorganisation der Vereinten Nationen und für diverse humanitäre Projekte in Jordanien. Nicht als Steckenpferd einer sonst nicht ausgelasteten Hoheit, sondern aus Überzeugung und mit voller Energie.

Die ideale Vertreterin eines Landes, das versucht, ohne Bruch mit Tradition oder Religion Brücken zu schlagen in die Moderne und dabei jede Radikalität ablehnt. Ein Buch nicht nur über eine bemerkenswerte Persönlichkeit sondern auch über ein bemerkenswertes Land.

Peter Philipp

© 2003, Deutsche Welle