Angst vor Ghettobildung

In London arbeiten Muslime an den Vorbereitungen zum Bau der größten Moschee Europas. Auch wenn die Labour-Regierung ihre Unterstützung zum Vorhaben signalisiert hat, regt sich derzeit Widerstand gegen das Projekt. Von Tobias Armbrüster

In London arbeiten Muslime an den Vorbereitungen zum Bau der größten Moschee Europas. Auch wenn die Labour-Regierung ihre Unterstützung zum Vorhaben signalisiert hat, regt sich derzeit Widerstand gegen das Projekt.

Geplante Moschee in London; Foto: myaa-arq.com
Modell der von der "Tablighi Jamaat" geplanten Moschee in London

​​Abbey Mills im Osten von London – ein Gewerbegebiet mit alten Fabrikgebäuden, begrenzt von einer Bahnlinie und einem Abwasser-Reservoir aus dem 19. Jahrhundert: In dieser Industriebrache am Londoner Stadtrand wird in den kommenden fünf Jahren das Hauptstadion für die Olympischen Spiele 2012 gebaut.

Gleich neben dem Stadion soll jedoch im gleichen Zeitraum auch eine Moschee entstehen, die rund 12.000 Gläubigen Platz bieten wird. Die "Abbeymills"-Moschee wäre dann das größte religiöse Gebäude Großbritanniens und außerdem die größte Moschee Europas. Doch das Bauvorhaben wird von den Bürgern im Osten Londons kritisch betrachtet.

Jeder vierte Bürger ein Muslim

Geschätzte 100 Millionen Euro wird der Bau der Moschee kosten. Finanziert wird das Projekt von der "Tablighi Jamaat", einer muslimischen Glaubensgemeinschaft mit weltweit 80 Millionen Mitgliedern.

Mit der neuen Moschee soll der bisherige Gebetsraum auf dem Abbey Mills-Gelände ersetzt werden. Der sei inzwischen zu klein, heißt es in einer ihrer Mitteilungen. Immerhin ist jeder vierte Bürger in diesem Stadtteil von London Muslim.

Kritiker befürchten allerdings, die Moschee könnte aus der Gegend ein "muslimisches Ghetto" machen. Öffentlich äußert sich derzeit niemand von der "Tablighi Jamaat" zu dem Projekt.

Allerdings versuchte man in einem BBC-Interview im vergangenen Mai die Bedenken auszuräumen: "Unsere Erfahrung mit Moscheen in anderen Städten zeigt, dass die Leute dorthin ziehen, wo ihr Arbeitsplatz liegt, nicht wo eine Moschee steht", sagte ein Sprecher der "Tablighi Jamaat".

"Tablighi Jamaat" - Eine islamische Sekte?

In britischen Medien wird die "Tablighi Jamaat" als ultra-orthodoxe islamische Sekte beschrieben. Die Organisation gelte in Geheimdienstkreisen als Rekrutierungsstelle für islamische Terroristen, schreibt etwa die "Times" in einem längeren Bericht über das Moschee-Projekt.

Auf der Webseite von "Tablighi Jamaat" heißt es dagegen, die Mitglieder würden für Freiheit und Demokratie eintreten. Tatsächlich sind auch viele Nicht-Muslime der Meinung, dass die Gruppe ein Recht hat, mit eigenem Geld eine neue Moschee zu bauen.

Wie zum Beispiel ein christlicher Seelsorger: "Wenn unsere muslimischen Brüder jetzt eine neue Moschee brauchen, um der Zahl der Gläubigen gerecht zu werden, dann soll es so sein."

Muslime gegen den Bau der Moschee

Andererseits sind auch zahlreiche Muslime gegen den Bau der Moschee eingestellt. Etwa 2000 von ihnen haben sich an einer entsprechenden Unterschriften-Aktion im Londoner Osten beteiligt – ein Zeichen dafür, wie umstritten die "Tablighi Jamaat" auch unter Muslimen ist.

Bei einer landesweiten Online-Petition wurden in den vergangenen Monaten fast 300.000 Unterschriften gegen die Moschee gesammelt. Einer der Wortführer der Gegner ist der Stadtrat Alan Craig:

"Die Tablighi Jamaat ist eine fundamentalistische, separatistische und geheim agierende Gruppe. Ihre Ideologie besteht darin, Muslime von der einheimischen Bevölkerung zu isolieren. Wir wollen so etwas hier nicht!"

Die "Tablighi Jamaat" wird erst in den kommenden Monaten einen offiziellen Bauantrag stellen. Aller Voraussicht nach wird der Antrag allerdings im Schnellverfahren bearbeitet, denn die Londoner Behörden wollen, dass sämtliche Neubauten rund um das künftige Olympia-Gelände möglichst bald in Angriff genommen werden.

Wenn die Pläne genehmigt werden sollten, dann könnte das Gebetshaus in fünf Jahren weltweit bekannt werden. Der Fußgängerweg für Hunderttausende von Gästen bei den Olympischen Spielen 2012 würde dann an Europas größter Moschee vorbeiführen.

Tobias Armbrüster

© DEUTSCHE WELLE 2007

Qantara.de

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