Warum eigentlich München?!

Was bedeutet Heimat? Dieser Frage versucht der ägyptische Regisseur Akram Farid in seinem Dokumentarfilm "Warum eigentlich München?!" nachzugehen. Nelly Yussef war bei der Vorführung im Ramadanzelt des Goethe-Instituts Kairo dabei.

Was bedeutet Heimat? Dieser Frage versucht der ägyptische Regisseur Akram Farid in seinem Dokumentarfilm "Warum eigentlich München?!" nachzugehen. Nelly Yussef war bei der Vorführung im Ramadanzelt des Goethe-Instituts in Kairo dabei.

Akram Farid, Foto: Nelly Yussef
Akram Farid

​​Im Film "Warum eigentlich München?!" spricht der ägyptische Regisseur Akram Farid mit arabischen Einwanderern über ihre Reise nach München und die Gründe, die sie dazu veranlassten, ihre Heimat zu verlassen - wie Armut, Arbeitslosigkeit oder Unterdrückung der persönlichen Freiheit.

Er lässt sie über die Schwierigkeiten der Anpassung und Integration in Deutschland erzählen, die Probleme mit der deutschen Sprache, der Wohnungssuche und wie sie sich ganz allgemein in der Fremde eingerichtet haben. Manche haben hier eine Familie gegründet, einige sind mit Deutschen verheiratet.

Auch über die Auswirkungen des 11. September auf die in Deutschland lebenden Araber lässt der Regisseur seine Gesprächspartner erzählen. Manche berichten, das Verhalten der Regierung und der Bevölkerung sowie die Stimmung in den Medien hätten sich als Folge dieser Ereignisse spürbar verändert. Besonders die Medien ergingen sich in Verdächtigungen gegenüber allem, was arabisch oder islamisch sei.

Dschihad heißt nicht Dschihad

Besonders der Fall des jungen Algeriers namens Dschihad machte dies deutlich: er habe wegen dieses Namens immer wieder Probleme und müsse jedem, den er kennen lerne, erklären, dass er nichts mit dem terroristisch indoktrinierten Begriff "Dschihad" zu tun habe. Aber da sind auch die Anderen, die versichern, keine negativen Auswirkungen der Ereignisse in den USA registriert zu haben, weil, wie sie sagen, die Deutschen ein Volk seien, das versuche, andere zu verstehen.

Die Mehrzahl der Protagonisten des Films ist sich allerdings darüber einig, dass die Ereignisse des 11. September sich insofern positiv für die Muslime auswirkten, als weitaus mehr Bücher über den islamischen Glauben gekauft würden und die Deutschen zunehmend Interesse am Erlernen der arabischen Sprache hätten.

Vom europäischen Vorbild lernen

Ein weiterer Teil des Films widmet sich der Frage, wie die Probleme in den arabischen Heimatländern zu lösen seien. In einem Interview erklärte Akram Farid, er gehe davon aus, dass die Auswanderer eher in der Lage seien, eine aussagekräftige Analyse der Lage zu liefern als ihre Landsleute in den Heimatländern.

Sie betonten, so Farid, dass man vom europäischen Vorbild lernen und ein demokratisches System errichten müsse - ohne Korruption und Vetternwirtschaft. Alle Interviewpartner bestätigten, dass sie nach einer Verbesserung der Verhältnisse in ihren Heimatländern darüber nachdenken würden zurückzukehren, denn das Geburtsland sei der Ort, an dem man seine Ruhe und Würde finde.

Sehnsucht nach der Heimat, und dennoch ...

Akram Farid möchte mit seinem Film das Publikum aufwühlen indem er zeigt, wie eine Pflanze, in neuen Boden verpflanzt, versuche, darin zu leben. Doch so sehr sie sich auch bemühe, sich anzupassen und zu wachsen, es gelinge ihr nicht wirklich.

Besonders deutlich wurde dies in einer Szene mit dem jungen Ladenbesitzer Khalid, der sagt: "Letztendlich sind und bleiben wir für die Deutschen Leute, die gekommen sind, um ihnen ihr Geld wegzunehmen. Trotzdem werde ich Deutschland nicht verlassen ... Wenn die Lage auch schlecht ist, so doch bestimmt nicht so schlecht wie in den arabischen Ländern."

München, Stadt der Widersprüche

Auf Kritik beim ägyptischen Publikum stieß der Film mit einer Szene von einem Straßenumzug feiernder Homosexueller. Es sei unnötig, so etwas zu zeigen, man habe sich inmitten eines stark empfundenen Gefühls der Identifikation mit den in Deutschland lebenden Arabern extrem gestört gefühlt.

Doch mit diesen Bildern, so die Antwort des Regisseurs, wollte er den enormen Unterschied zwischen den westlichen und den arabischen Staaten aufzeigen. München sei eben eine Stadt voller Gegensätze, die trotz aller Ruhe, hübscher Beschaulichkeit und stark religiös geprägter Atmosphäre ein großes Maß an Freiheit zulasse, die teilweise schon an hemmungslose Freizügigkeit grenze. Diesen Umzug habe er mit eigenen Augen beobachtet.

Nelly Yussef

Aus dem Arabischen von Stefanie Gsell

© Qantara.de 2003

Akram Farid studierte Filmwissenschaften in Kairo und unterrichtet derzeit am ägyptischen Institut für Film. Mit seinen Filmen wie "Am siebten Tag" und "Die drei Blätter" erhielt er auf ägyptischen und internationalen Festivals viele Preise.