Dr. Rachida Zoubid, 03. September 2010

zu Die Freude, andere Menschen verachten zu dürfen von Robert Misik

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland garantiert den deutschen Bürgern und Mitbürgern, dass sie sich "in Wort, Schrift und Bild frei äußern und verbreiten" dürfen. Wenn hingegen die eingeräumte Meinungsfreiheit ihre Grenzen überschreitet und verletzende Thesen beinhaltet, kann dies zu sozialpolitischen Konflikten führen. Meinungen müssen objektiv belegbar sein und, wenn sie das eben nicht sind und nicht der Wahrheit entsprechen, besteht ein Anspruch auf zumindest politischen Schadenersatz in Formvon veröffentlichten belegbaren Gegendarstellungen und / oder zumindest eine öffentliche Entschuldigung.
Die Thesen Sarrazins erreichten einen Verachtungshöhepunkt gegen das in Deutschland geborene oder nur ansässige Fremde, seine genetisch bedingte Intelligenz, seine Bildung und die Bildung seiner Eltern und vielleicht auch Vorfahren und seiner Religion. Meiner Ansicht nach endet die Freiheit der Meinung dort, wo herablassende Personen den öffentlichen Raum für sich beanspruchen und Meinungsfreiheit missbrauchen, um andere Menschen zu verachten und zu verletzten.

Nach dem gestrigen Fastenbrechen haben wir, meine erwachsenen Kinder, mein Ehemann und ich, die Debatte auf ARD gesehen und jeder von uns hat seine Meinung darüber gesagt. Ich persönlich war bestürzt über die Thesen des Herrn Sarrazin, weil sie ausländerfeindlich, integrationsfeindlich, provozierend, dumm, unreif, absurd und nicht zuletzt unlogisch und unwissenschaftlich sind. Er müsste zweifelsohne entweder an einer genetisch bedingten Phobie vor dem Fremden, ob Mensch oder Religion oder Kultur, leiden oder von einem Fremden, Mann oder Frau, seelisch zerstampft gewesen und zu Boden geworfen sein, um solche unsachliche Thesen niederschreiben und zu veröffentlichen. Solch ein Mitglied stellt eine mutmaßliche Gefahr für die SPD dar. Anscheinend hat sich Herr Sarrazin während seines alltäglichen Lebens bekanntlich von allen ausländischen Mitbürgern oder deutschen Bürgern ausländischer Herkunft in Deutschland gleichermaßen distanziert, und damit natürlich auch die in seinem Buch genannten Gruppen verachtet und gehasst. Wenn wir Araber, Freunde von Deutschen und Deutschland, noch mehr über seine einzelnen Thesen diskutieren, würde dies bedeuten, dass wir ihnen viel Gewicht schenken, was eigentlich nicht sein muss, da sie statt Sensation einen öffentlichen Skandal hervorriefen. Wäre Herr Sarrazin wirklich ausgebildet und genug wissenschaftlich aufgeklärt, hätte er die vielen deutschsprachigen Veröffentlichungen über die Geschichte der arabischen Welt gelesen und daraufhin erfahren, dass seine Thesen unwissenschaftlich und widerspruchsvoll sind.