Dr. Khalid Lazaare, 03. September 2010

zu Die Freude, andere Menschen verachten zu dürfen von Robert Misik

Noch einmal wird jeder seine Meinung über ein ungelesenes Buch geben! Das ist auch unwissenschaftlich, oder?!
Dieser Zwischenfall erinnert mich an die gro?e Debatte damals um das Buch "Die satanischen Verse" von Salman Rushdie. Die westliche Welt scheint auf die erreichte sogenannte Freiheit sehr stolz zu sein. So kann und darf sich jeder in willkürlicher Form mit irgend einer Thematik auseinandersetzen und schriftlich oder mündlich äußern, ohne dass irgend ein Zensurapparat reagiert. Das ist Meinungsfreiheit! Thesen wie die von Herrn Sarrazin sind nicht selten zu finden. Der Alltag vieler Fremden war immer schon schwierig und ist noch schwieriger mit der Wiedervereinigung in Deutschland im Besonderen und mit dem 11. September 2001 im Allgemeinen geworden. Die Fremden sind vielleicht besser durch -kognitive Prozesse- von der Elite geduldet als von der "Masse", weil es ein Zeichen der Toleranz und der Aufklärung ist, den Anderen zu akzeptieren, also ein Modephänomen, das die Bürger implizit zu einer gesellschaftlichen Scheinheiligkeit zwingt; von dem geschaffenen Friedensklima profitieren doch die Fremden. In aufgeklärten Milieus werden Thesen wie die von Herrn Sarrazin sicherlich kein großes Echo haben, außer dass manche Politiker und Ideologen sie für eine Weile als Diskussionsstoff nehmen und sie als Wahlkärtchen verwenden. Diese Thesen sind nicht so simpel, wie manche es zu verbreiten versuchen - und das ist gut, um nicht eine latente Fremdenfeindlichkeit zu fokussieren, bzw. zuzuspitzen - weil sie nicht von einem Verrückten geschrieben worden sind. Ja, Herr Sarrazin ist nicht Opfer eines Lapsus' während einer improvisierten Rede gewesen, er hat doch seinen Meinungen schriftlich Form gegeben und er war - mindestens nur auch wirtschaftlich - so überzeugend, dass ein Verlag sein Manuskript veröffentlicht hat. Skeptisch stehe ich gegenüber der bekannten These des wirtschaftlichen Gewinns!
Nach der Euphorie über die Gründung des großen Europas erleben wir nun die andere Seite der Medaille: Frankreich schmeißt ungewünschte Rumänen; Holländer, Österreicher, Schweizer und Deutsche zeigen, dass ihre Gastfreundschaft Grenzen hat. Sogar die Staatsangehörigkeit wird nuanciert: demnächst könnte man sie auch verlieren. Auch dieses "Prestige" könnte weggenommen werden!
Zurück zum Buch von Sarrazin "Deutschland schafft sich ab"!
Dieses Buch soll als Warnsignal verstanden werden und deshalb soll es aufmerksam gelesen und kritisiert werden. Nach dem Moment der emotionalen Reaktion soll das Moment der rationalen Reflexion kommen. Nur mit soliden Argumenten kann man die Wahrheit - relativ wie sie sein mag - glänzen lassen. Nur so wird sich der nächste zwei Male überlegen, bevor er etwas zu publizieren versucht, und nur dadurch werden Verlage verstehen, dass es nicht alles Gold ist, was glänzt.