Dr. Amir Mortasawi, 28. April 2010

zu Die Spirale des Misstrauens überwinden von Volker Perthes

Der Beitrag enthält neben altem Wein in variierenden Schläuchen auch positive Gedanken bezüglich der Verhandlungen mit dem Iran, konkret im Zusammenhang mit dem Austausch von im Iran angereichertem Uran mit in anderen Ländern bereitgestellten Brennstäben.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf eine aktuelle Analyse amerikanischer Wissenschaftler hinweisen (Federation of the American Scientists, FAS), die eindeutig einen solchen Austausch unter Berücksichtigung der iranischen Forderungen und Bedingungen zur Beendigung der verfahrenen Situation im Iran-Konflikt favorisieren.

Herr Perthes plädiert für eine stärkere Gewichtung des Themas Menschenrechte im Umgang mit dem Iran. Der Gedanke der Menschenrechte wurde von Anfang an sowohl im Sinne der Freiheit, Gerechtigkeit und Vernunft als auch zur Durchsetzung imperialer Interessen eingesetzt. So wurde dieses Thema beispielsweise einerseits zur Begründung des Kolonialismus und andererseits in antikolonialistischen Befreiungskämpfen benutzt.

Die Auseinandersetzung mit dem Atomprogramm Irans hat unter anderem dazu geführt, dass über die Heuchelei und die Doppelstandards der Atomwaffen besitzenden Staaten und des "Westens" im Umgang mit dem Thema Sicherheit und Frieden im Mittleren und Nahen Osten breit diskutiert wird. Indien, Israel und Pakistan besitzen bereits Atomwaffen, sind dem Atomsperrvertrag nicht beigetreten und pflegen gute Beziehungen zu den Vereinigten Staaten und der EU.

Ayatollah Khamenei hat, als religiöser Führer und Staatsoberhaupt, chemische, biologische und atomare Waffen für "haram" (d.h. im Islam strikt verboten) erklärt und es liegen Vorschläge Irans zur Errichtung einer atomwaffenfreien Zone in der Region vor. Die Beziehungen Irans mit der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (bislang nur mit Beobachter-Status) werden vertieft. Außerdem ist das Atomprogramm im Iran zu einem nationalen Prestigeobjekt geworden.

Diese Gegebenheiten und Entwicklungen schränken die Möglichkeiten ein, einen Regimewechsel im Iran über die Schiene der Atomfrage zu bewirken. Sollen die Menschenrechte im Umgang mit dem Iran vielleicht deshalb mehr berücksichtigt werden?

Menschenrechte werden im Iran nicht erst seit 1979 verletzt. Nach 1979 gab es unterschiedliche Ausprägungen der politischen, gesellschaftlichen und religiösen Repressalien im Iran. Diese wurden von der Bundesrepublik im Zusammenhang mit wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen zeitweise ignoriert und phasenweise betont.

Am Ende des Beitrages verrät Herr Perthes jedoch, wie er tatsächlich denkt:

" ... Viertens werden die Vereinigten Staaten und Europa der Frage der Furchtsamen und Skeptiker, die dem ganzen diplomatischen Prozess wenig
Vertrauen schenken, eine Antwort geben müssen: Was, wenn Iran eben doch die Schwelle zur militärischen Nutzbarkeit des Atoms überschreitet?

Auch wenn wir trotz der jüngsten Einschätzungen der IAEO noch keineswegs an diesem Punkt sind und dort wohl auch längere Zeit noch nicht sein werden, liegt die Antwort prinzipiell im Konzept erweiterter Abschreckung, in glaubwürdigen Sicherheitsgarantien Washingtons für seine Freunde im Nahen und Mittleren Osten.

Die Stationierung von Raketenabwehrsystemen auf amerikanischen Schiffen im Persischen Golf ist deshalb ein richtiger Hinweis an alle Beteiligten: Sie gibt Israel und den kleinen Golf-Staaten mehr Sicherheit und macht dies auch Teheran gegenüber deutlich - ohne gleichzeitig die Perspektive des Engagements mit Iran aufzugeben."

Einer persischen Redewendung folgend möchte ich diesbezüglich auf jeglichen Kommentar verzichten: "Das Sichtbare bedarf keiner verbalen Beschreibung."