West-östliche Kunstzusammenführung

Experten aus 15 Ländern berieten in Berlin über ein neues Projekt, das verschiedene Museen nördlich und südlich des Mittelmeers virtuell vernetzen soll. Youssef Hijazi hat an dem Treffen teilgenommen.

Moschee in Konia, Foto: Markus Kirchgessner
Moschee in Konia

​​Die Idee für "Discover Islamic Art" ist aus dem Projekt "Museum ohne Grenzen" hervorgegangen. Siebzehn zentrale und wichtige Museen mit mehr als 1.500 Exponaten sowie historische Gebäude aus fünfzehn Ländern sollen zu einem einzigen Museum virtuell verbunden werden. Die virtuelle Verlinkung wird einzigartige Kombinationen des realen Kontextes ermöglichen.

"Der Besucher des Hisham Palastes bei Jericho wird in der Lage sein, über das virtuelle Museum die Exponate zu betrachten, die ursprünglich im Palast waren, aber heute im britischen National Museum zu finden sind. Umgekehrt wird der Besucher im National Museum in England in der Lage sein, den Palast zu besuchen", sagt der palästinensische Koordinator des Projektes Sa'd Nimr.

Eine Frage stellt sich dem kritischen Betrachter allerdings schnell: Aus welcher Perspektive wird die Geschichte dargestellt? Wird das Projekt an der Diskussion "westliche oder östliche Sicht" scheitern?

Unterschiedliche Geschichtsdeutungen

Eva Schubert, Gründerin und Präsidentin des "Museum ohne Grenzen" (MOG), ist zuversichtlich: "Grundsätzlich ist das Ziel von MOG die Geschichte aus der lokalen Sicht darzustellen. Das heißt, dass Historiker und Archäologen aus dem jeweiligen Land ihre eigene Geschichte dem internationalen Publikum präsentieren. Im Rahmen des virtuellen Museums ist es de facto schwieriger, weil hier nicht nur der eigene Standpunkt zur Sprache kommen muss, sondern auch die Standpunkte der anderen Museen."

Konkret bedeutet dies, dass unterschiedliche Betrachtungsweisen miteinander konfrontiert werden. "Discover Islamic Art" beabsichtigt, die unterschiedlichen Interpretationen deutlich zu machen.

"Wenn wir über etwas sprechen, das Portugal, Spanien und Marokko betrifft, so kann es durchaus sein, dass wir ein historisches Phänomen aus der spanischen, portugiesischen und aus der marokkanischen Sicht beschreiben, und natürlich werden die Wertigkeiten anders sein. Aber das ist genau unser Projekt", sagt Eva Schubert.

Vielfältige Möglichkeiten

Gleichfalls wird es durch das virtuelle Büro von "Discover Islamic Art" möglich, die Objekte aus den verschiedenen Museen bekannter zu machen und den Wissenschaftlern Zugang zu ihnen zu verschaffen. Hier ist für bilaterale oder multilaterale Zusammenarbeit und den Austausch von neuen Forschungsergebnissen unter Wissenschaftlern und Museen ein Rahmen vorgesehen.

Zum ersten Mal können die betreffenden Sammlungen aus den Museen heraus direkt zur Öffentlichkeit getragen werden. Davon können auch die Schulen profitieren.

Ulrike al-Khamis, Kuratorin am National Museum of Scotland: "Für Museen sind die kulturellen Gesichtspunkte und Aspekte der Kunst am wichtigsten. Aber von einem solchen Projekt gehen auch neue Möglichkeiten für die Erziehung und Ausbildung aus, die automatisch soziale und vielleicht sogar politische Grundsätze und Zielsetzungen tragen."

Die eigene Position überdenken

Die EU fördert das Projekt im Rahmen des "Euromed Heritage" Programms. Die Initiative für das Projekt kommt aus Europa, doch Eva Schubert bekräftigt, dass dies kein Grund sei, um "unsere Sicht zu diktieren".

Im Gegenteil: Europa müsse den ersten Schritt machen, um die eigene Position und Geschichtsbetrachtung zu überdenken. Der Prozess der Bewusstwerdung, der dadurch in Gang gebracht wird, muss aber auf beiden Seiten erfolgen.

Youssef Hijazi

© Qantara.de 2004