Heinrich-Böll-Stiftung eröffnet Büro in Beirut

In der libanesischen Hauptstadt hat die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung jetzt ein Regionalbüro eröffnet, um damit ihre kulturelle und zivilgesellschaftliche Arbeit in der Region weiter zu intensivieren. Bernhard Hillenkamp berichtet

In Beirut hat die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung jetzt ein Regionalbüro eröffnet, um damit ihre kulturelle und zivilgesellschaftliche Arbeit in der Region weiter zu intensivieren. Von Bernhard Hillenkamp

Foto: Heinrich-Böll-Stiftung
Büro der Heinrich-Böll-Stiftung im Beiruter Stadtteil Gemmayzeh

​​Zum Auftakt der Eröffnung Anfang November trafen sich im Gefinor Rotana Hotel in West Beirut rund 60 Vertreter der libanesischen und deutschen Zivilgesellschaft, um über das Thema "Europa und der Mittlere Osten – alte Strukturen, neue Herausforderungen" zu diskutieren.

Anschließend wurde – als visueller Eindruck der libanesischen Gegenwartsgesellschaft – Gilbert Hages Foto-Ausstellung "Hier und Jetzt" eröffnet. Den Abschluss der dreiteiligen Eröffnung bildete die Einweihung des Büros im Ostbeiruter Viertel Gemmayzeh.

Nach Tel Aviv und Ramallah ist Beirut der dritte Standort der Heinrich-Böll-Stiftung im Nahen Osten. Kirsten Maas, die neue Leiterin des Regionalbüros in Beirut, hatte bereits 1999 das Büro in Ramallah aufgebaut.

Die ein Jahr zuvor errichtete Niederlassung in Tel Aviv stellte damals die einzige Präsenz der Grünen-nahen Stiftung in der Region dar. Mit Beirut wurde nun die dritte Außenstelle im Nahen Osten eröffnet.

Die Heinrich-Böll Stiftung ist eine von insgesamt fünf politischen Stiftungen der deutschen Parteien, die Entwicklungszusammenarbeit mit öffentlichen Geldern finanziert. Demokratisierung ist eines der Ziele aller Stiftungen.

Austausch demokratischer Akteure fördern

Die Heinrich-Böll-Stiftung will vor allem zivilgesellschaftliche Organisationen unterstützen, die sich für Demokratie und kulturelle Entwicklung, Umweltschutz und friedliche Konfliktlösungen einsetzen.

"Wegen der Brückenfunktion zwischen Ost und West und der polyglotten Möglichkeiten hat sich Beirut angeboten", sagt Kirsten Maas in einem Gespräch mit Qantara.de. "Wir arbeiten regional und wollen den Dialog zwischen der arabischen Welt, Iran und Europa fördern."

Die Büros der Heinrich-Böll-Stiftung veranstalten in der Region Konferenzen und bringen europäische und arabische Intellektuelle aus dem Nahen Osten zusammen - so wie es anlässlich der Eröffnung der Beiruter Niederlassung am "Runden Tisch", zusammen mit der Grünen Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Kerstin Müller, dem Anwalt Prof. Chibli Mallat sowie der Vorstandsvorsitzenden der Stiftung, Barbara Unmüßig, dann auch der Fall war.

In Projekten mit lokalen Partnern versucht die Stiftung durch Diskussionen Anstöße zu geben und diese nach Europa zu transportieren.

"Deswegen haben wir auch ein Internetportal mit Texten aus der Region und Europa eingerichtet. Wenig bekannte Texte in Arabisch und in europäischen Sprachen sollen so in übersetzter Form zugänglich gemacht werden", meint Kirsten Maas. In drei Sprachen sollen so Informationen aus unterschiedlichen Perspektiven dargelegt werden.

Lokale Kultur und Kunst im Blickpunkt

Eine andere Form des Dialogs bildete der zweite Teil der Eröffnung: Ein Programmteil des Stiftungsbüros in Beirut, thematisiert die lokalen, kulturellen und künstlerischen Reaktionen auf die Globalisierung.

Bei der Eröffnung in Beirut waren es Portraitfotos junger Libanesen im Großformat an der Wand der Galerie "Espace SD". Gilbert Hage, Professor für Bildende Kunst an der "Akademie des Beaux Arts", stellte einen kleinen Teil seines laufenden Projektes zur Nachkriegsjugend im Libanon vor.

Auf zwei Meter großen Schwarz-Weiß-Fotos blicken Teenager der Generation nach dem libanesischen Bürgerkrieg im H&M-Look dem Betrachter in die Augen. In uniformer Haltung - aber mit großer Ausdruckskraft - will Gilbert Hage 2000 Gesichter junger Libanesen mit seiner Ausstellung "Hier und Jetzt" festhalten und zum genauen Hinsehen animieren.

Ähnlich wie es das Regionalbüro der Böll-Stiftung in Thailand mit ihrer Ausstellung "Identität versus Globalisierung?" im Ethnologischen Museum Berlin-Dahlem gelungen ist, soll Hages Ausstellung später mit Hilfe der Stiftung auch in der Bundeshauptstadt gezeigt werden.

Gegenwartkulturen, die das Thema Globalisierung aus der Region aufgreifen, sollen in Deutschland gezeigt werden - eine Kunst, die gängigen Klischees entgegensteht. "Meine Stiftung versucht Fehlwahrnehmungen zu dekonstruieren", so die Vorstandsvorsitzende Unmüßig am Eröffnungstag.

Günther Kniess, Deutschlands Vertreter in Beirut, begrüßte am Abend die Gäste zum Empfang in den fünf Räumen des "Beiruter Gründerzeithaus". Er wies auf die Arbeit der politischen Stiftungen als besondere Form deutscher Außenpolitik hin.

Mit Konferenzen, Kunstausstellungen, interaktiven Foren, aber auch gezielten Studien und Projektarbeiten mit lokalen Partnern zu Themen wie Bürgergesellschaft, kultureller Globalisierung, und nachhaltiger Entwicklung, werden die fünf Mitarbeiter der Heinrich-Böll-Stiftung (drei deutsche und zwei libanesischen Kollegen) künftig neue Wege im Dialog mit der Region des Nahen Ostens suchen.

Bernhard Hillenkamp

© Qantara.de 2004

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