Eine Obst– und Gemüseakademie für Ägypter

Wie gelangen ägyptische Kartoffeln und Bohnen zum deutschen Verbraucher? Eine Initiative der deutsch-ägyptischen Handelskammer in Kairo versucht, ägyptischen Exporteuren hierbei zu helfen. Von Nelly Youssef

Bald mehr ägyptisches Obst und Gemüse in deutschen Supermärkten?, Foto: Bilderbox
Bald mehr ägyptisches Obst und Gemüse in deutschen Supermärkten?

​​Wenn ägyptische und arabische Exporteure ihre Produkte nach Europa schaffen wollen, sehen sie sich mit zahlreichen Problemen konfrontiert. Deshalb hat die deutsch-ägyptische Handelskammer in Kairo eine neue Initiative gestartet, ägyptische Exporteure von Obst, Gemüse und Kräutern mit dem europäischen und insbesondere deutschen Markt vertraut zu machen.

Die Kammer hat die Obst- und Gemüseakademie in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen, wie z.B. dem deutschen Obsthandelsverein, dem ägyptischen Landwirtschaftsunternehmerverband und dem ägyptischen Verein zur Förderung des Agrarexports, errichtet. Die Akademie wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) und vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) gefördert.

Probleme der ägyptischen Exporteure

Der Leiter der Abteilung “Außenwirtschaft und Marketing” bei der Kammer, Samar Esmat, erklärte in einem Gespräch mit Qantara, dass Deutschland diese Akademie aus Interesse am Import von Obst, Gemüse und Kräutern aus Ägypten aufgrund der geographischen Nähe, der Niedriglöhne und des besonderen Geschmacks der landwirtschaftlichen Produkte unterstütze. Allerdings beständen von deutscher Seite Einwände wegen ernährungstechnischer Mängel und Schwachstellen bei der Konservierung in Dosen.

Um das von Europa und Deutschland auferlegte Höchstmaß an Qualität zu erreichen, hat diese Akademie die Qualifizierung ägyptischer Exporteure zum Ziel. Statistiken der Kammer zufolge betrug der Wert der Exporte von Januar bis Juni 2004 184,2 Millionen EURO.

Für den Textilbereich ist nun ebenfalls die Errichtung einer solchen Akademie geplant.

Das Lehrprogramm der Obst- und Gemüseakademie besteht aus verschiedenen Workshops: der deutsche Importmarkt, Zollbestimmungen und das Verbraucher- und Händlerverhalten in diesem Bereich, die Entwicklung in der Verarbeitungs- und Abfülltechnologie für Landwirtschaftserzeugnisse, Vermarktungs- und Qualitätsstandards sowie Vertriebskanäle, optimale Erntetechniken und die mögliche Vermeidung von Fehlern hinsichtlich der Abfüllung und Verpackung.

Darüber hinaus gehören Seminare für die Nutzung des Internets zu Exportzwecken und Präsentationen von Erfolgsstories - wie die von Sekem und Farm Frites - zum Programm der Akademie.

Große Nachfrage, aber auch Kritik

Ein Fortbildungskurs bei der Akademie dauert ungefähr sechs Wochen bei einem Unterrichtstag pro Woche. Das Lehrpersonal besteht aus Trainern aus dem agrarischen Handelsbereich in Ägypten und Deutschland, die dann zum einen untereinander, aber auch mit den TeilnehmerInnen Kooperationskanäle für den Im- und Export aufbauen.

Am Ende jedes Kurses müssen die TeilnehmerInnnen eine Prüfung ablegen, und der Absolvent erhält ein Akademie-Zeugnis, durch das die Chancen für einen Austausch mit deutschen und europäischen Unternehmen größer werden. Die Kursgebühr beträgt 1.000 ägyptische Pfund. Die Fortbildungskurse finden an verschiedenen Orten wie Kairo, Alexandria und Ismailia statt.

Aufgrund der hohen Nachfrage, so Dina Mahmoud, Projektmanagerin für die Akademie bei der Kammer, musste die Anzahl der TeilnehmerInnen bei jedem Kurs von 20 auf 30 Personen erhöht werden.

Verpackung der Produkte

Yasser Abou Zeid, der von seiner Firma, die neben anderen Gemüsesorten vor allem Kartoffeln, Möhren und Bohnen exportiert, für einen Kurs bei der Akademie ausgewählt wurde, findet diesen Kurs insofern hilfreich, weil er den deutschen Markt hinsichtlich Interesse und Anforderungen sowie die EU-Standards und Lieferbedingungen kennen gelernt habe.

Sein Unternehmen allerdings würde wegen Problemen und Fehlern bei der Verpackung und Abfüllung bzw. des after-sell-service und der Rechnungsabwicklung nicht zu Genüge exportieren. Was er bei der Akademie gelernt habe, würde helfen, manche Probleme zu vermeiden.

Mangelnder Praxisbezug

Von Nachteil sei, so Yasser, dass die Vorträge eher theoretisch als praktisch ausgerichtet wären.

In die gleiche Richtung geht auch die Kritik von Gamal El-Umari, Experte für Ex- und Import, der einen Vortrag bei der Akademie hörte: Der Inhalt und die Aktivitäten hätten zwar die Steigerung der Exporte beider Länder und die Förderung des Handelsverkehrs zwischen Ägypten und Deutschland zum Ziel, der Kurs aber habe weder viel Neues in praktischer Hinsicht gebracht noch zu Kontakten mit deutschen Firmen für den Export verholfen.

Die TeilnehmerInnen waren gefordert, dieses eigenständig mittels der Trainer, von denen einige in deutschen Importfirmen arbeiten, zu tun.

Nach wie vor seien aber für den ägyptischen Exporteur immer noch die Qualität und die erforderliche Frische des Produktes, neben mangelnder Kenntnis des deutschen Marktes und seiner VerbraucherInnen, problematisch. Daraus resultiere auch die mangelnde Präsenz auf dem deutschen bzw. europäischen Markt.

Dieses zu vermitteln ist einer der Gründe, warum die Akademie gegründet wurde.

Nelly Youssef

Aus dem Arabischen von Dagmar Stelkens

© Qantara.de 2005