Paradoxien und Ambivalenzen

In kontrastreichen Bildern erzählt der iranische Regisseur Mohammad Ali Talebi die traumatischen Erfahrungen von Kindern im Iran-Irak-Krieg. Dafür erhielt Talebi auf der Berlinale den Preis "Cinema Fairbindet". Rachel Y. Baig und André Leslie haben den Film gesehen.

Es herrscht absolute Stille im Kinosaal. Der Abspann des iranischen Films "Bad o Meh", der bei der Berlinale im Februar 2011 den entwicklungspolitischen Sonderpreis "Cinema Fairbindet" erhielt, läuft noch, als sich der Regisseur Mohammad Ali Talebi, zusammen mit der Moderatorin, auf den Weg zur Leinwand macht.

Langsam gehen die Lichter an und das Publikum gratuliert dem Regisseur mit tosendem Applaus. Es ist die erste Vorführung des Films, der bis Endes des Jahres durch Deutschland tourt.

Inspiriert zu seinem Film wurde Mohammad Ali Talebi von dem Kinderbuch "Summer And White Goose" von Mojgan Shaki. "Bad o Meh" erzählt die Geschichte eines Kindes während des Iran-Irak-Kriegs in den 1980er Jahren. Im Mittelpunkt steht der fünfjährige Sahand und seine Familie.

Erinnerungen an den Krieg

Regisseur Ali Talebi; Foto: © Arsenal Distribution Berlin
Inspirationen für seinen Film "Wind und Nebel" holte sich Regisseur Talebi von dem Kinderbuch "Summer And White Goose" von Mojgan Shaki.

​​Eines Tages ist der kleine Sahand im Haus, als seine Mutter in einem Bombenangriff ums Leben kommt. Sahand überlebt. Verletzt und schwer traumatisiert. Von diesem Augenblick an verliert er seine Sprache. Der Vater bringt die zwei Kinder, Sahand und seine Schwester Shooka, zu ihrem Großvater in den Norden. Er hofft, dass die Ruhe und Schönheit des Nordens Sahand von seinem Trauma befreien können.

Doch Sahand wird von den anderen Kindern im Dorf gehänselt und weigert sich zu reden. Seine Schwester, ein sehr starker Charakter in dem Film, setzt sich immer wieder für ihren kleinen Bruder ein. Wendepunkt im Film ist der Ausflug an einen nahegelegenen See, wo Sahand eine angeschossene Wildgans findet. Ihr Gefieder erinnert ihn an das weiße Kleid, das seine Mutter trug, als sie starb. Obwohl er die Gans zurücklassen muss, lässt ihn der Gedanke an sie nicht mehr los. Er schleicht bei Nacht davon, um sie zu suchen.

Bilder statt Worte

Mohammad Ali Talebi liebt es, mit Symbolen zu arbeiten. Schon der Titel "Bad o Meh" nimmt Bezug auf Wind und Nebel, die sich im Film fortwährend gegenseitig ablösen. Es herrscht das "Entweder-oder-Prinzip". Der Film steckt voller Gegensätze: Freude und Aggression, Wind und Nebel, Krieg und Frieden.

Sahand lässt Drachen steigen - Filmsequenz aus Bad o meh; Foto: Arsenal Distribution Berlin
Das Trauma des Krieges, erzählt aus der Perspektive eines Kindes: der Spielfilm "Wind und Nebel" des iranischen Regisseurs Ali Talebi

​​"Ich habe bewusst mit dem Kontrast zwischen der wunderschönen Natur und dem Krieg gearbeitet", sagt Talebi. Er habe die Bilder für sich sprechen lassen und auf Worte weitgehend verzichten wollen, sagt er. Tatsächlich kommt der Film mit sehr wenigen Dialogen aus.

"Bad o Meh - Wind und Nebel" ist ein Film mit Kindern und für Kinder. Aber – darauf legt Talebi großen Wort - er wendet sich auch an Erwachsene. Manche seiner Filme seien ausschließlich Kinderfilme, wenn beispielsweise Puppen auftauchen, aber "Bad o Meh" sei eher für Jugendliche und Erwachsene geeignet.

Er wolle seine Zuschauer zum kritischen Denken erziehen: "Es ist ein Film, der von Kindern handelt, denen die Kindheit durch den Krieg gestohlen wurde", sagt er. In seinem nächsten Projekt verfolgt er diese Thematik weiter. Er möchte zeigen, was aus diesen Kindern wird, wenn sie erwachsen sind.

Im Iran kommen viele Kinderfilme auf die Leinwand, weil es für die Regisseure einfacher ist, eine Dreherlaubnis zu erhalten. Das ist eine Art Trick, um sich mit der Botschaft ihrer Filme trotzdem sowohl an Kinder und Jugendliche als auch an Erwachsene zu wenden.

Talebis Situation als Filmemacher ist nicht einfach, aber er ist optimisch, dass er immer weiter arbeiten kann. Irgendeine Chance ergebe sich immer, erklärt er. Die Aufgabe eines Künstlers sei es, möglichst viele Möglichkeiten auszuprobieren, aber dabei nie seine eigenen Gedanken zu verkaufen.

Rachel Y. Baig & André Leslie

© Deutsche Welle 2011

Redaktion: Arian Fariborz/Qantara.de