Jugendbuch gegen Klischees und Vorurteile

Viele Deutsche wissen nur wenig über den Islam und die muslimische Alltagskultur. Mit seinem neuen Buch "Islam für Kids" will der Islamwissenschaftler Anis Hamadeh Kindern in Deutschland ein fundiertes Wissen über den Islam vermitteln. Von Philipp Bilsky

Viele Deutsche wissen nur wenig über den Islam und die muslimische Alltagskultur. Mit seinem neuen Buch "Islam für Kids" will der Islamwissenschaftler Anis Hamadeh Kindern in Deutschland ein fundiertes Wissen über den Islam vermitteln. Philipp Bilsky informiert.

​​Mit vielen Bildern und kurzen Erklärungen versucht Anis Hamadeh, seinen jungen Lesern die Welt des Islam näherzubringen. Eine Comic-Figur, der arabische Junge Aladin, führt die Kinder in Moscheen und, am Ende des Buches, einmal quer durch die muslimischen Länder der Welt. Das Programm, das sich der Autor vorgenommen hat, ist nicht ohne:

In neun Kapiteln schreibt er unter anderem über die Geschichte des Islam, die arabische Sprache, den Koran, muslimische Sitten und Gebräuche und den Islam in Deutschland.

Verzerrtes Islambild

Anis Hamadeh sieht einen großen Aufklärungsbedarf in Deutschland, den er mit dem Buch befriedigen will. Denn "Information ist sehr wichtig, um Vorurteile abzubauen, indem man Wissen bekommt über eine Sache, das ist das eigentlich Zentrale an diesem Buch."

Anis Hamadeh stammt aus einer deutsch-palästinensischen Familie. Sein Vater kam in den 1960er Jahren aus dem Westjordanland in die Bundesrepublik. Hamadeh wuchs in Deutschland auf. Nach der Schule studierte er Islamwissenschaften.

Heute arbeitet er als freier Publizist. Und zu schreiben gibt es genug. Denn viele Deutsche haben ein verzerrtes Bild vom Islam, glaubt Hamadeh. Schuld seien nicht zuletzt die Medien, in denen über Muslime oft nur klischeehaft berichtet würde .

Moderate Muslime interessieren nicht

"Wenn Muslime dann moderat sind, liberal sind, eher Kultur-Muslime sind, dann ist das für die Medien oft gar nicht so ein Thema", meint Anis Hamadeh: "Dass sie dann sagen, na gut, an dem ist nichts besonderes, der hat keinen Bart, der hat keinen Terroranschlag gemacht, was soll ich über den berichten? Da sehe ich ein Problem."

Anis Hamadeh, Foto: privat
Viele Deutsche haben ein verzerrtes Bild vom Islam, glaubt Anis Hamadeh.

​​Aber es gibt noch andere Gründe warum die meisten Deutschen nur sehr wenig vom Islam wissen. Denn genau wie das Christentum sei eben auch der Islam ein sehr komplexes Thema. Und da der Islam so fremd erscheine, merke man gar nicht, wie wenig man eigentlich weiß, merkt Hamadeh an. Doch mit seinem Buch soll sich das nun ändern.

Eine gute Idee ist es schon den Kindern fundiertes Wissen über den Islam zu vermitteln, meint auch Donja Amirpur. Amirpur leitet die Initiative "Vielfalt gestalten - Integration im Kindergarten".

Die Initiative engagiert sich in Bonner Kindergärten mit einem hohen Migranten-Anteil. Mitglieder der Organisation vermitteln, wenn es zum Beispiel wegen kultureller oder religiöser Unterschiede zu Konflikten kommt. Teil der Arbeit ist es auch, einige Grundideen des Islam zu vermitteln.

Eine große Hilfe in der Erziehungsarbeit

Deswegen sei das Buch von Hamadeh sehr hilfreich, bestätigt Donja Amirpur: "Ich denke es ist auch für die Erzieherinnen einfacher, sich ein Kinderbuch vorzunehmen und sich in den Islam einführen zu lassen als irgendwelche Schmöker. Und mit dieser Literatur lernt man von Anfang an, das Fachwissen kindgerecht rüberzubringen."

So soll schon im Kindergarten verhindert werden, dass sich bei den Kindern ein "Schubladen-Denken" breit macht. Außerdem hoffen die Mitglieder der Initiative, dass auch die deutschen Kindergarten-Mitarbeiter Berührungsängste mit dem Islam verlieren.

Wem die Lektüre der Islam-Einführung Hamadehs nicht ausreicht, kann sich auch direkt an die Iniative "Vielfalt gestalten - Integration im Kindergarten" wenden. Diese hat für interkulturelle Fragen eine Telefon-Hotline eingerichtet.

Philipp Bilsky

© DEUTSCHE WELLE 2008

Anis Hamadeh: Islam für Kids, bhv 2007.

Qantara.de

Religionsunterricht in Hamburg
Eine Akademie der Weltreligionen
Zwar findet in Hamburg bereits schon seit längerem ein "Religionsunterricht für alle" statt. Doch damit nicht genug: Dieser soll jetzt durch ein interdisziplinäres Zentrum zur Ausbildung islamischer oder jüdischer Geistlicher als Religionslehrer erweitert werden. Einzelheiten von Albrecht Metzger

Filmfestival Türkei/Deutschland
Splitter oder Spiegel?
Zum zehnten Mal findet in Nürnberg das Filmfestival Türkei/Deutschland statt. Es gibt einen Überblick über aktuelle türkische und deutsch-türkische Filme, mit dem Ziel, gegenseitige Vorurteile abzubauen und den Dialog zu stärken. Von Amin Farzanefar

Muslimische Patienten in Deutschland
Kulturelle Missverständnisse am Krankenbett
Erkrankt ein Muslim in Deutschland, kann es zu Konflikten kommen: Ärzte und Pfleger wissen häufig zu wenig über den islamischen Glauben und können auf die Bedürfnisse ihrer Patienten nicht eingehen. Von Golrokh Esmaili