Beziehungspflege in Arabien

Bundeskanzler Gerhard Schröder reiste vom 4. bis 7. Oktober 2003 nach Ägypten, Saudi-Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emirate. Dabei ging es vor allem um die Wirtschaft. Peter Philipp von der Deutschen Welle kommentiert.

Deutsche Politiker, die in den Nahen Osten reisen, profitieren bis heute von zwei Voraussetzungen: Zum einen waren die politischen Großmacht-Ambitionen Deutschlands in dieser Region immer sehr gering. Zum zweiten hebt sich Deutschland im Bewusstsein der arabischen Öffentlichkeit angenehm von Staaten wie Großbritannien und Frankreich ab, die allzu lange um den Nahen Osten gerungen und Teilen von ihm ihren Stempel aufgedrückt haben.

Solch eigentlich idealen Voraussetzungen für äußerst intensive Beziehungen wurden allerdings lange behindert und gestört durch das "besondere" Verhältnis, das die Beziehungen zwischen Deutschland und Israel prägte und weiterhin prägt. Zunächst fehlte jedes Verständnis dafür. Inzwischen ist das ohnehin kein bedeutender Faktor mehr.

Deutsche Technologie: gut, aber teuer

Die deutsch-arabischen Beziehungen haben sich längst hiervon entfernt und konzentrieren sich auf praktische Fragen wie die des gegenseitigen Handels. Obwohl auch auf diesem Bereich die Blütezeit der gegenseitigen Beziehungen vorbei ist, in der deutsche Firmen in zahlreichen arabischen Staaten, unter anderem im Irak, für wichtige Infrastruktur-Projekte - vom Autobahnbau bis zur Stromversorgung - verantwortlich waren. Deutsche Technologie hat zwar immer noch einen guten Ruf in der arabischen Welt, aber selbst in Saudi-Arabien ist man sparsamer geworden und hat gelernt, dass koreanische Ingenieure genau so gut wie deutsche arbeiten, aber nur einen Bruchteil der Kosten verursachen.

Selbst so ölreiche Staaten wie Saudi-Arabien oder die Vereinigten Arabischen Emirate denken aber auch längst darüber nach, wie sie ihren immensen, aber dennoch begrenzten Ölreichtum nutzen können, um sich für die Zeit zu wappnen, in der das "Schwarze Gold" nur noch spärlich aus dem Boden kommen wird. "Diversifikation" ist das Zauberwort. Und Deutschland hat erkannt, dass die breitere Fächerung der wirtschaftlichen Basis in den arabischen Ölstaaten neue Chancen für die deutsche Wirtschaft bietet. Besonders wenn sie mit zunehmender Privatisierung und Öffnung dieser Märkte einher geht.

Verflechtungen zwischen Wirtschaft und Politik

Von Algerien bis Saudi-Arabien und selbst im Irak wurden inzwischen Grundlagen für den Wandel von weitgehender Staats- zu Privatwirtschaft geschaffen und dies erhöht erneut die Möglichkeiten der deutschen Wirtschaft. Einst von Deutschen gebaute Projekte müssen erneuert und andere neu geplant werden und bei den jetzt üblichen privaten Ausschreibungen spielen die politischen Beziehungen weniger eine Rolle als früher, wenn Aufträge von den Regierungen vergeben wurden. Zumindest vordergründig, denn bei gleichen Konditionen dürften auch private Auftraggeber sich für den ihnen politisch Genehmeren entscheiden.

Solch eine enge Verflechtung zwischen Wirtschaft und Politik erklärt, dass politische Kontakte und Beziehungen auch mit der arabischen Welt zunehmend von wirtschaftlichen Interessen geprägt sind. Was sie nicht unbedingt disqualifiziert, denn es handelt sich um wirtschaftliche Interessen beider Seiten und beide sind sich bewusst, dass eine Verbesserung der Lebensbedingungen letztlich auch das politische Miteinander zwischen den Staaten fördert.

Und es darf darüber nicht vergessen werden, dass keineswegs jeder Schritt von wirtschaftlichen Überlegungen motiviert ist. So ist Deutschland gerade wegen seiner besonderen Beziehungen zu Israel immer wieder ein von Arabern wie Israelis respektierter "Moderator". Diese Rolle ist inzwischen durch die Entwicklungen während der "El Aksa Intifada" wieder weitgehend zerstört. Denn: Wenn die Parteien es an gutem Willen mangeln lassen, dann kann auch kein Außenstehender helfen. Erst recht nicht, wenn er - selbst wenn er wollte - gar nicht in der Lage wäre, eine bestimmte Politik mit Macht durchzusetzen.

Peter Philipp

© 2003, DW-online