Goldener Bär für deutsch-türkischen Regisseur

Fatih Akin hat mit seinem Film "Gegen die Wand" den Preis der Internationalen Filmfestspiele Berlin gewonnen. Silke Bartlick sprach mit dem Preisträger.

Eine wirkliche Überraschung! Ein Triumph für das deutsche Kino und ein nachhaltiges Zeichen der internationalen Berlinale-Jury! Denn mit "Gegen die Wand" in Hamburg aufgewachsenen Fatih Akin hat sie sozialpolitischen Sprengstoff prämiert - ein aufwühlendes, Diskussionen provozierendes Portrait der zweiten Generation türkischer Immigranten:

"Es ist eine Liebesgeschichte. Es geht eigentlich um eine junge türkische Frau, eine junge Zwanzigjährige, die halt aus einem extrem konservativen, dogmatischen Elternhaus kommt, die aber ausbrechen will. Die leben will und so. Ihre Familie aber nicht aufgeben will, versucht, einen Kompromiss zu finden. Dann lernt sie halt einen Typen kennen, und fragt, ob er sie heiratet. So als Schein", sagt Fatih Akin.

Die Entscheidung der Jury wurde mit großer Zustimmung aufgenommen. "Gegen die Wand", einer von zwei deutschen Wettbewerbsbeiträgen, gehörte zu den Publikumslieblingen des Festivals. Insgesamt konkurrierten 23 Filme aus aller Welt im Wettbewerb.

Der neueste Film von Akin spielt in einem ähnlichen Milieu, wie sein erster großer Erfolg "Kurz und schmerzlos". Es folgten "Im Juli" mit Christiane Paul und Moritz Bleibtreu sowie "Solino", ebenfalls mit Bleibtreu. Filmstart von "Gegen die Wand" in Deutschland ist der 22. April 2004.

Ein Drama aus dem alltäglichen Leben

"Gegen die Wand" ist ein gnadenlos direktes Melodram. Cahit und Sibel, der Alkoholiker und die Deutsch-Türkin, treffen sich in der Psychiatrie. Er ist lebensmüde, sie hat sich die Pulsadern aufgeschnitten, weil sie ihrer traditionsbewussten Familie entfliehen will.

Ein Mädchen, das in Deutschland aufgewachsen ist und wie eine Deutsche Leben will, aber immer wieder vom fundamentalistischen Hintergrund der Familie zu Fall gebracht wird. Ein Opfer, das Verzweiflung und Exzesse der Gewalt durchlebt, dennoch zurückschlagen kann und sich am Ende in den Mann verliebt, den es aus reiner Not geheiratet hat.

Sibel Kekilli, eine Verwaltungsangestellte, wurde von Fatih Akin für diese Rolle von der Straße weg engagiert: "Ich habe das Gefühl, dass meine Generation zurückgeht, zurück zu den Wurzeln und traditioneller, türkischer wird", meint Kekilli.

Und deswegen findet sie, dass nicht nur ihre Generation, sondern auch die Eltern einfach das sehen sollten: "Das ist ja auch eine Wahrheit, diese Geschichte. Das ist ja nicht so, dass das jetzt nur erfunden ist, sondern so was gibt es wirklich! Und dass die Eltern und dass meine Generation das mal sieht und sagt: So kann es enden, wenn wir unsere Kinder auf ihrem Weg nicht mitbegleiten, sie nicht unterstützen", erzählt die Hauptdarstellerin.

Silke Bartlick, © DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2004