Maimonides - eine Integrationsfigur

Anlässlich des 800. Todestages zeigt eine Ausstellung im Jüdischen Museum Frankfurt am Main Leben und Werk des berühmten Philosophen und Arztes Maimonides. Stefana Sabin hat sich die Werke angesehen.

Maimonides in Cordoba, Bronzestatue von Amadeo Olmo Ruiz
Maimonides in Cordoba, Bronzestatue von Amadeo Olmo Ruiz

​​Er wurde in Córdoba um 1135 geboren und starb 1204 in Kairo, er hat religionsgesetzliche Schriften auf Hebräisch und philosophisch-theologische Schriften auf Arabisch verfasst, er war politischer Flüchtling und Arzt am Hofe Saladins.

Ein jüdischer Gelehrter, der die platonische und die aristotelische Philosophie in arabischen Begriffen darstellte, der von der mittelalterlichen islamischen Philosophie beeinflusst war und dessen Interpretation des jüdischen Gesetzes ihrerseits Gesetzeskraft erlangte.

Sein hebräischer Name war Moshe ben Maimon, und in der jüdischen Welt wird er mit dem Akronym Rambam (Rabbi Moshe ben Maimon) benannt; sein arabischer Name war Abu Imran Musa ibn Maimun, die Scholastiker nannten ihn einfach Rabbi Moyses, und im Abendland ist er unter seinem latinisierten Namen bekannt: Moses Maimonides.

Oberhaupt der Juden

Seine Biografie ist symptomatisch sowohl für die ständige Gefährdung jüdischen Lebens als auch für die pluralistische Kultur des Mittelalters: Zwar musste Maimonides mehrmals fliehen, zugleich aber wurde er, der fromme Jude, geradezu zu einer Integrationsfigur, die in islamischen und christlichen Intellektuellenkreisen ebenso angesehen war wie innerhalb der jüdischen Gemeinde.

1176 wurde Maimonides zum ra'is al-yahud ernannt, zum "Oberhaupt der Juden", und als solches war er ein subtiler Ausleger des jüdischen Gesetzes und ein gefragter Richter - seine Rechtsentscheide und seine rabbinischen Exegesen waren ebenso einflussreich wie seine zahlreichen Briefe zu halachischen, politischen und kulturellen Themen.

Aber auch dann, wenn er eindeutig als Religionsführer agierte, definierte sich Maimonides als Philosoph.

Sein theologisch-philosophisches Hauptwerk, der "Führer der Verwirrten" (oder auch: "Führer der Unschlüssigen"), das er um 1190 auf Arabisch verfasste, wurde ins Hebräische und ins Lateinische übersetzt.

Indem es den Brief zur literarischen Form erhob und indem es platonisches Denken mit jüdischem Messianismus verband und einen aristotelischen Naturalismus zum exegetischen Leitprinzip entwickelte, prägte es den theologischen Diskurs und die philosophische Argumentation.

Stationen des Lebens

Leben und Werk des Maimonides sind Thema einer kleinen, aber informativen Ausstellung, die das Jüdische Museum Frankfurt aus Anlass des 800. Todestags des Philosophen und als Beitrag zur diesjährigen Buchmesse, bei der sich die arabische Welt präsentiert hat, veranstaltet.

Fotos und Bildtafeln zeigen die geographischen Stationen seines Lebens: das andalusische Córdoba, wo er aufwuchs und von wo er nach der Eroberung durch die Almohaden vor deren islamischem Fundamentalismus fliehen musste; das marokkanische Fez, wo er Medizin und Philosophie studierte.

Akko, von wo er vor dem christlichen Fanatismus der Kreuzritter fliehen musste; das ägyptische Fustat und auch Kairo, wo er Arzt am Hof des Sultans und zum geistigen und religiösen Führer der jüdischen Gemeinde wurde.

Einige seiner Werke sind zu bewundern, darunter eine (1761 erschienene, von Moses Mendelssohn kommentierte) hebräische Ausgabe der auf Arabisch verfassten "Begriffe der Logik"; ein Kommentar zur Mischna von 1386, von dem diejenigen Seiten aufgeschlagen sind, auf denen Maimonides den Aufbau des salomonischen Tempels behandelt; oder eine Basler Ausgabe des "Führers der Verwirrten" in der "modernen" lateinischen Übersetzung von Johannes Buxtorf aus dem Jahr 1629.

Darüber hinaus vermitteln Modelle astronomischer und medizinischer Geräte seiner Zeit eine Ahnung von der naturwissenschaftlichen Bildung des Maimonides und seiner ärztlichen Tätigkeit.

Höhepunkt dieser Ausstellung ist ein Handschriftenfragment von Maimonides aus dem Kommentar zur Mischna, das in der Kairoer Genisa-Synagoge Ende des 19. Jahrhunderts gefunden wurde. Dieses Fragment, in Judeo-Arabisch geschrieben, ist insofern von besonderem philologischem Interesse, als es sich von der überlieferten Fassung unterscheidet.

Stefana Sabin

© Neue Zürcher Zeitung, 13. Oktober 2004

Moses Maimonides. Arzt, Philosoph und Oberhaupt der Juden. 1135-1204. Jüdisches Museum / Museum Judengasse, Frankfurt am Main. Bis 9. Januar 2005. Die Katalogbroschüre kostet Euro 9.-.

Jüdisches Museum Frankfurt