Was der Luftkrieg gegen den IS für den Bürgerkrieg in Syrien heißt

Mit Luftschlägen gegen den IS wollen Frankreich und andere Staaten die Miliz schwächen. Vor allem ihre Öl-Infrastruktur soll zerstört werden. Assads Regime profitiert nicht militärisch, aber politisch. Von Jan Kuhlmann

Nach der Terrorserie in Paris hat die französische Luftwaffe ihre Angriffe auf die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien verschärft. Die Herrschaft im Land ist zwischen Regime, Rebellen und dem IS aufgeteilt. Ein Überblick über die möglichen Folgen der Luftangriffe für den Konflikt in Syrien:

Können die Luftangriffe Frankreichs und anderer Staaten den IS zerschlagen?

Seit mehr als einem Jahr bombardiert eine internationale Koalition unter Führung der USA die Extremisten in Syrien und im Irak. Auch Russland fliegt in Syrien Luftangriffe gegen den IS. Washington weist darauf hin, dass die Terrormiliz mittlerweile rund ein Viertel ihres Herrschaftsgebietes in beiden Ländern verloren hat.

Generell dienen die Angriffe aber eher dazu, die Gruppe zu schwächen und in Schach zu halten. Allein mit Bomben aus der Luft wird sie sich nicht besiegen lassen, dafür ist sie zu stark.

Wie kann der IS militärisch besiegt werden?

Um den IS zurückzudrängen, sind Bodentruppen nötig, wofür die westlichen Staaten aber keine eigenen Soldaten stellen wollen. Sie verlassen sich auf lokale Kräfte. Außer den Kurden im Norden Syriens und des Iraks gibt es aber kaum Einheiten, die stark genug sind, gegen den IS vorzugehen. Iraks Armee kommt gegen ihn kaum voran, mit der syrischen will der Westen nicht zusammenarbeiten. Mit der Ausbildung moderater syrischer Rebellen sind die USA gescheitert.

Welches Ziel haben die Luftangriffe?

Die Luftschläge in Syrien richten sich gegen die Infrastruktur der Dschihadisten, die noch immer große Gebiete im Norden und Osten des Landes kontrollieren. Die von den USA geführte Koalition nimmt Kommandostellungen, Waffenlager und Trainingscamps ins Visier. Laut US-Verteidigungsminister Ashton Carter soll vor allem auch Öl-Infrastruktur zerstört werden, um den IS finanziell zu schwächen. Er finanziert sich sehr stark aus dem Ölverkauf.

Profitiert Syriens Regime von der neuen Entwicklung?

Das Regime von Präsident Baschar al-Assad profitiert politisch, da sich der Fokus im Westen nun noch stärker auf den Kampf gegen den IS als auf den Sturz des Machthabers richtet. Assad bezeichnet generell alle Aufständischen als «Terroristen», auch gemäßigte, denen es um mehr Freiheit und Demokratie geht. In der Rhetorik des Regimes sind die Anschläge von Paris die Folge der Politik des Westens, der im syrischen Bürgerkrieg moderate Rebellengruppen unterstützt.

Tatsächlich gibt es jedoch eindeutige Hinweise, dass das Regime den IS lange zumindest gewähren ließ. So fliegt Syriens Luftwaffe vor allem Angriffe auf Orte unter Kontrolle anderer Regimegegner. Manche Beobachter sprechen sogar von einer stillschweigenden Vereinbarung zwischen dem Regime und dem IS. Syrische Aktivisten argumentieren, der IS lasse sich nur besiegen, wenn vorher Assad gestürzt werde.

Wirken sich die verschärften französischen Luftangriffe auf das sonstige Kriegsgeschehen in Syrien aus?

Bisher praktisch nicht. Die Franzosen und ihre Verbündeten flogen in den vergangenen Tagen Luftangriffe in Regionen, in denen kaum gekämpft wird. Allerdings gibt es seit längerem Gerüchte, die syrischen Kurden planten eine Offensive, um die nordsyrische IS-Hochburg Al-Raqqa einzunehmen. Darauf deutet auch die Aussage von US-Verteidigungsminister Carter hin, die USA unterstützten Kräfte, die sich in Richtung der Stadt bewegten. Die Angriffe der Koalition könnten dazu dienen, die Offensive vorzubereiten.

Größere Wirkung auf den Bürgerkrieg haben hingegen die russischen Luftangriffe, die im Nordwesten Syriens mehrere Offensiven des Regimes gegen Rebellen unterstützen, die mit dem IS verfeindet sind und ihn bekämpfen. So konnten Assads Anhänger etwa südlich von Aleppo Gebiete von den Aufständischen zurückgewinnen. (dpa)