Unruhe in Pakistan wegen Festnahme von Uigurinnen

Chinas Behörden in Xinjiang sollen schon vor längerer Zeit Frauen aus der Volksgruppe der Uiguren verhaftet haben, die eigentlich in Pakistan leben und dort verheiratet sind. Die Familien halten sich noch bedeckt. Von Sattar Khan

Die angeblich "weiche Politik", die Peking seit einigen Jahren in der westlichen autonomen Region Xinjiang verfolgt, zeitigt laut offizieller chinesischer Darstellung große Erfolge. So suchen sich lokale chinesische Verwaltungs- und Parteifunktionäre ortsansässige Familien als "Verwandtschaft" aus, um mit dieser eine Zeitlang unter einem Dach "zu leben, zu essen und zu studieren", schreibt die staatliche Zeitung "Global Times" in einem Bericht über die "Einheitswoche" im vergangenen Dezember. Eine Initiative, die "auf große Resonanz und Zustimmung" gestoßen sei.

Mit solchen und ähnlichen Aktivitäten habe man seit zwei Jahren "das gegenseitige Verständnis und die Sympathie" zwischen Funktionären und Einheimischen gefördert. Und noch wichtiger: Man habe so "die drei bösen Kräfte Separatismus, Extremismus und Terrorismus" eindämmen können, unter der die Region "leidet". Gerade auf der "Graswurzelebene" sei der Kampf gegen diese Übel durch die Einheitspolitik gut angenommen worden.

Trotz der angeblichen Verbrüderung sieht sich Peking aber offenbar weiterhin veranlasst, mit Repression und massivem Einsatz von Überwachungstechnik im mehrheitlich muslimisch geprägten Xinjiang zu regieren. Die Organisation "Human Rights Watch" behauptete vor kurzem, Beweise zu haben, dass Einwohner, deren Verhaltensweisen von entsprechender Software als politisch auffällig oder risikobehaftet bewertet wird, in Xinjiang in Umerziehungslager gebracht würden. Zuletzt waren laut dem US-Sender Radio Free Asia Angehörige uigurischer Mitarbeitern des Senders in Xinjiang in Internierungslager gebracht beziehungsweise zu Gefängnisstrafen verurteilt worden.

Nun wird aus Nord-Pakistan bekannt, dass chinesische Sicherheitskräfte schon vor längerer Zeit mehrere Frauen uigurischer Herkunft auf chinesischem Territorium festgenommen hätten. Sie waren auf Verwandtenbesuch in Xinjiang. Bei den Frauen handelt es sich um die uigurischen Ehefrauen pakistanischer Männer aus der Grenzregion Gilgit-Baltistan. Peking ist schon seit Jahren wegen der Nutzung pakistanischen Territoriums durch potentielle uigurische Separatisten besorgt.

Faiz Ullah Firaq, Sprecher der Regionalregierung von Gilgit-Baltistan, sagte, die pakistanischen Behörden stünden wegen der Verhaftungen in Kontakt mit dem chinesischen Außenministerium. "Die örtliche Bevölkerung ist wegen der Angelegenheit besorgt. Das Parlament von Gilgit-Baltistan hat die Festnahmen in einer Resolution verurteilt", sagte Firaq der Deutschen Welle (DW). Ein Abgeordneter des Regionalparlaments, Nawaz Naji, bezeichnete die Festnahmen als eine "gravierende Angelegenheit." Er erläuterte weiter: "Nicht nur die Männer aus Gilgit-Baltistan haben Ehefrauen aus China, sondern auch viele pakistanische Paschtunen und Punjabis. China muss hier auf die kulturellen Befindlichkeiten Rücksicht nehmen. Wir sind eine muslimische Gesellschaft und für uns ist es inakzeptabel, dass sich unsere Frauen in Gewahrsam von Fremden befinden. Wir wollen keine Eskalation der Angelegenheit, denn wir wünschen gute Beziehungen zwischen China und Pakistan."

Nach Angaben aus der Region wurden mindestens 39 Frauen festgenommen. Ihre Ehemänner wollten sich zum größten Teil nicht gegenüber den Medien äußern, aus Sorge um ihre Frauen und Familienangehörigen in Xinjiang. Ein 39jähriger Händler aus der Stadt Gilgit sagte gegenüber der DW unter Wahrung der Anonymität : "Meine Frau wird überwacht. Sie wurde im vergangenen Jahr zweimal verhört. Ich habe sie und meine Kinder seit zwei Jahren nicht gesehen." Nach seinen Informationen haben die chinesischen Behörden den Bruder seiner Frau sowie ihre Schwester und Nichte im Verdacht, Kontakte zu islamistischen Extremisten zu unterhalten.

Ein weiterer früherer Bewohner Gilgits, Mir Aman, der derzeit in Kashgar in Xinjiang wohnt, teilte der DW mit, dass seine 60jährige Ehefrau vor einem halben Jahr in Xinjiang verhaftet worden sei. "Ich darf sie weder besuchen noch mit ihr telefonieren. Welcher Verbrechen man sie beschuldigt, weiß ich nicht. Einen Monat vor meiner Frau wurde auch unser 18jähriger Sohn verhaftet." Shafqat Ali, ebenfalls ein Händler aus der Region, bittet die chinesische Regierung, seine Ehefrau freizulassen. "Meine Kinder leiden wegen der Festnahme ihrer Mutter", sagt er der DW.

Ayub Shah, früherer Abgeordneter des Regionalparlaments und ebenfalls mit einer Frau aus Xinjiang verheiratet, sagte der DW, dass die betroffenen Pakistaner und ihre Familien sich scheuten, die Angelegenheit öffentlich zu diskutieren. Sie versuchten stattdessen, Unterstützung durch die Regierungen beider Länder zu bekommen. Allerdings könnte die Stimmung kippen, wenn sich eine Lösung des Problems, das heißt die Rückkehrer der Frauen und Kinder, nicht abzeichne, konnte die DW von der lokalen Bevölkerung erfahren. Dann könnte es zu Protesten kommen. (Deutsche Welle)