UNO prangert "schieres Grauen" in libyschen Gefängnissen an

Tausende libysche Männer, Frauen und Kinder werden einem UN-Bericht zufolge unter entsetzlichen Bedingungen von bewaffneten Gruppen in Libyen  eingesperrt, gefoltert und missbraucht. Der Bericht lege das "schiere Grauen und die Willkür" solcher Internierungen offen, erklärte UN-Menschenrechtskommissar Zeid Ra'ad al-Hussein am Dienstag. In dem UN-Bericht geht es nicht um die schon oft angeprangerten Misshandlungen von Flüchtlingen in Libyen, die über das nordafrikanische Land nach Europa kommen wollen, sondern um einheimische Aktivisten, Ärzte, Journalisten und generell politische Gegner.

Seit dem Sturz von Libyens langjährigem Machthaber Muammar al-Gaddafi im Herbst 2011 herrscht Chaos in dem Land. Die international anerkannte Regierung in Tripolis übt über weite Teile Libyens keine Kontrolle aus. In diesen Gebieten haben bewaffnete Milizen das Sagen, die ihre eigenen Gefängnisse betreiben.

Laut dem UN-Bericht sitzen in den offiziellen Gefängnissen Libyens unter Kontrolle des Justizministeriums nach Zahlen vom Oktober etwa 6500 Menschen in Haft. Allerdings gibt es keine Statistiken für Haftanstalten der Ministerien für Inneres und Verteidigung oder für die der bewaffneten Milizen. Solche Anlagen seien "berüchtigt" für Folter und andere Menschenrechtsverletzungen, heißt es in dem Bericht, der auf Erkenntnissen des UN-Menschenrechtsbüros und der UN-Mission in Libyen (UNSMIL) basiert.

Menschen würden in Isolationshaft gehalten, mit Metallstangen geschlagen, mit Zigaretten verbrannt oder Elektroschocks ausgesetzt. Für Frauen bestehe ein hohes Risiko, sexuell missbraucht zu werden. Der Bericht verweist zudem auf mutmaßliche Tötungen Inhaftierter. Hunderte Leichen würden auf Straßen, in Krankenhäusern und auf Müllhalden gefunden, oft mit Folterspuren oder Schusswunden.

Der Bericht forderte die sofortige Freilassung aller willkürlich Inhaftierten in Libyen sowie die Überführung aller rechtmäßigen Gefangenen in offizielle Gefängnisse. Die Verantwortlichen für Misshandlungen müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

Erst kürzlich war der Bürgermeister der libyschen Hauptstadt Tripolis festgenommen worden. Der Stadtrat erhob den Vorwurf, der Bürgermeister und zwei seiner Kinder seien während der "Entführung" körperlich angegriffen worden. Auch die UN-Mission in Libyen "verurteilte die Entführung" und warnte vor weiteren derartigen Fällen. Der Bürgermeister kam wenig später wieder frei, die Staatsanwaltschaft versicherte, er sei wegen einer Korruptionsaffäre von der Polizei verhört worden. (AFP)