Türkei fordert Deutschland zur Auslieferung von Gülen-Anhängern auf

Nach dem Putschversuch in der Türkei fordert die Regierung in Ankara auch von Deutschland die Auslieferung von türkischen Gülen-Anhängern. Das sagte Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Donnerstag dem Sender CNN Türk nach dessen Angaben. Cavusoglu sprach in dem Zusammenhang von «manchen Richtern und Staatsanwälten», die der Gülen-Bewegung angehörten und sich derzeit in Deutschland aufhielten. «Auch ihre Auslieferung ist notwendig.»

Die Forderung dürfte die Bundesregierung in eine Zwickmühle bringen - nicht zuletzt deshalb, weil in der Türkei seit dem gescheiterten Putsch die Wiedereinführung der Todesstrafe diskutiert wird. Präsident Recep Tayyip Erdogan hat angekündigt, die Wiedereinführung zu billigen, sollte das Parlament sie beschließen.

Die türkische Regierung macht die Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich. Von den USA fordert sie die Auslieferung Gülens.

Unterdessen forcieren die türkischen Behörden nach dem gescheiterten Putsch ihr Vorgehen gegen Anhänger des Predigers Fethullah Gülen. Am Mittwoch erließen sie Haftbefehle gegen 47 frühere Journalisten und Mitarbeiter der ehemals regierungskritischen Zeitung "Zaman", die seit März unter staatlichem Kuratel steht und Gülen nahe stand.

Nach neuesten amtlichen Zahlen sind über 15.000 Menschen festgenommen worden. Die Armeeführung teilte mit, 8651 Soldaten seien in dem Putschversuch vom 15. Juli verstrickt. Auch die türkische Finanzmarktaufsicht beteiligte sich an den Maßnahmen gegen mutmaßliche Gegner von Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Ein Regierungsmitarbeiter rechtfertigte die Haftbefehle gegen die Ex-"Zaman"-Mitarbeiter damit, dass die Gesuchten detaillierte Kenntnisse über das Netzwerk um Gülen hätten. Dieses Wissen könne von großem Wert für die Ermittlungen sein, sagte der Mann, der nicht namentlich genannt werden wollte.

Allerdings sind auch Haftbefehle gegen linksorientierte Journalisten wie Sahin Alpay ausgestellt worden. Diese Menschen können aufgrund ihrer Weltsicht kaum Teil der religiös geprägten Gülen-Bewegung sein. Damit wuchsen Sorgen, Erdogan wolle die Opposition ausschalten.

Erdogan sieht seinen Erzfeind Gülen als Drahtzieher des Putschversuchs an. Der in den USA lebende Gülen bestreitet die Vorwürfe. Die Militärführung erklärte im Sender NTV dagegen, rund 1,5 Prozent der Armee habe sich an dem Putsch beteiligt. Die Soldaten seien Teil des "terroristischen" Netzwerks des Predigers. Die Putschisten hätten bei ihrem fehlgeschlagenen Aufstand 35 Flugzeuge, 37 Hubschrauber, 37 Panzer und 246 gepanzerte Fahrzeuge eingesetzt. (dpa/Reuters)

Mehr Hintergründe über die Gülen-Bewegung finden Sie in dem Artikel Die Gülen-Bewegung in der Türkei: Kampf gegen die Soldaten des Lichts