Terrorismusforscher Peter Neumann: Wachsende Terrorgefahr durch IS-Niederlagen

Die militärischen Niederlagen der IS-Terrormiliz in Syrien und dem Irak erhöhen nach Einschätzung des Terrorismusforschers Peter Neumann die Gefahr islamistischer Anschläge. «Kurz- und mittelfristig könnte es im Westen zu mehr Terroranschlägen kommen», sagte er den Zeitungen den Essener Funke Mediengruppe (Freitagsausgaben). Als Grund nannte Neumann die nach Europa zurückkehrenden Auslandskämpfer des «Islamischen Staats» (IS): «Es gibt Studien, wonach zwischen 11 und 25 Prozent von zurückgekehrten Auslandskämpfern später zu Terrorristen werden.»

In Syrien und dem Irak zeichnet sich nach Neumanns Worten das Ende der militärischen Präsenz des IS ab. Die Terrormiliz habe dort «massiv Boden verloren». Allerdings sei noch die Hälfte der rund 20.000 bis 30.000 ausländischen Kämpfer in diesen Ländern, darunter auch junge Westeuropäer. Von ihnen kehrten laut Neumann bislang 25 bis 40 Prozent in ihre Ursprungsländer zurück.

Neumann rechnet auch mit einer weiteren Destabilisierung der Türkei, weil viele IS-Kämpfer von dort aufgebrochen seien und wieder zurückkehrten. Darüber hinaus werde eine bedeutende Zahl der IS-Kämpfer in anderen Konflikten in der islamischen Welt auftauchen. «Denkbar ist auch, dass sie sich zu einem internationalen Terrornetzwerk zusammenschließen, ähnlich Al-Qaida nach dem Konflikt in Afghanistan in den 80er Jahren», sagte Neumann.

Der Politologe forderte längere Gefängnisstrafen für gewaltbereite IS-Kämpfer, die nach Deutschland zurückkehren und nachweislich Mitglieder einer terroristischen Organisation waren. «Das wäre viel effektiver als über völlig sinnlose Maßnahmen wie ein Burka-Verbot zu diskutieren», sagte der Terrorexperte. Zwischen den europäischen Ländern müsse zudem ein nahtloser Datenaustausch stattfinden. «Bei den letzten Anschlägen von Paris und Brüssel wussten die Behörden nicht, dass die Attentäter bereits aus dem Kampfgebiet des IS zurückgekehrt waren», sagte Neumann zur Begründung. (epd)

Lesen Sie auch ein Interview mit Peter Neumann über die IS-Terrormiliz auf Qantara.de