Syrische Rebellenbastion Daraa vor dem Aus

In Daraa begann einst vor sieben Jahren der Aufstand gegen Syriens Machthaber Baschar al-Assad, nun könnte die letzte Bastion der Rebellen im Süden des Landes in aller Stille an die Regierung zurückfallen. Zwar hat Damaskus Truppen am Rande der Rebellengebiete zusammengezogen, doch deutet vieles darauf hin, dass die Armee nicht durch eine Militäraktion, sondern infolge eines von Russland vermittelten Abkommens nach Daraa zurückkehren wird. Die USA, Israel und Jordanien unterstützen dies, solange keine iranischen Truppen in der sensiblen Grenzregion stationiert werden.

Die Einnahme von Daraa sei eine "existenzielle Frage" für Syriens Präsidenten, sagt der Forscher Nicholas Heras vom Center for a New American Security. "Ohne eine vollständige Kontrolle dieser Region Syriens wird Baschar al-Assad niemals richtig bequem auf seinem Thron in Damaskus sitzen." Nach der Rückeroberung des Umlands von Damaskus nimmt er daher nun Daraa ins Visier.

Bisher kontrollieren die Rebellen große Teile der Provinzen Daraa und Kuneitra, die nahe der Grenze zu Jordanien und den von Israel besetzten Golan-Höhen liegen. In der Region gilt seit längerem eine Waffenruhe, doch warfen Helikopter der Armee kürzlich Flugblätter über den von Rebellen gehaltenen Vierteln von Daraa-Stadt ab, in welcher die Armee mit einer Offensive drohte.

Es gebe "ein Rennen zwischen einer militärischen und einer Verhandlungslösung", sagt der Syrien-Experte Sam Heller von der International Crisis Group der Nachrichtenagentur AFP. Allerdings hätten die ausländischen Mächte "fast einen Konsens erzielt zur Rückkehr des Damaskus-Regimes in den Süden Syriens, während sein iranischer Verbündeter von der Grenze ferngehalten wird".

Israel will um jeden Preis verhindern, dass sich iranische Truppen dauerhaft in Syrien festsetzen. In den vergangenen Monaten flog die israelische Luftwaffe daher verstärkt Angriffe auf Stützpunkte, auf denen sie iranische Einrichtungen vermutete. Im Süden Syriens will Israel nun eine Pufferzone schaffen, in denen weder der Iran noch die libanesische Hisbollah-Miliz präsent sind.

Assads Verbündeter Russland setzt sich als Vermittler ein, um mit den USA, Israel und Jordanien eine Lösung zu finden. Vergangene Woche sprach Russlands Präsident Wladimir Putin mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Zudem rief Moskau dazu auf, auf einem Gipfel mit den USA und Jordanien eine Lösung für Daraa und Kuneitra zu finden.

Eigentlich gilt in der Region seit vergangenem Jahr eine Deeskalationszone, doch weder Jordanien noch die USA haben Interesse an ihrem Erhalt. "Das dreckige, nicht so geheime Geheimnis ist, dass die US-Regierung vom ersten Tag glaubte, dass die Deeskalationszone im Südwesten nur ein Zwischenschritt zu einem größeren Deal mit Russland sein würde", sagt Heras.

Jordanien seinerseits hoffe, dass ein Abzug der Rebellen eine Offensive Assads verhindere, die hunderttausende Syrer zur Flucht über die Grenze nach Jordanien zwingen würde, das ohnehin bereits unter der Last der Flüchtlinge stöhnt. "Die Jordanier wollen, dass Assad ohne Krieg gewinnt, und das ist genau, was Russland mit dem Versöhnungsprozess bietet", sagt Heras.

Wer bisher allerdings nicht eingebunden ist, sind die Rebellen. "Wir wurden nicht gefragt, als das Deeskalationsabkommen geschlossen wurde, und wir sind auch nicht an den aktuellen Diskussionen beteiligt", sagt ein Kommandeur der Südlichen Front, der größten Rebellengruppe in der Region. Begeistert ist er von der Aussicht auf eine Rückkehr der Regierung nicht.

"Seitdem sich die Leute von Daraa als Erste gegen das Regime erhoben haben, gibt es keine Familie, von der nicht jemand inhaftiert oder getötet worden ist", sagt der Kommandeur. "Allgemein trauen die Zivilisten weder dem Regime noch Russland." (AFP)