Spektakuläre Wende im NSU-Prozess: Beate Zschäpe will aussagen

Die mutmaßliche Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe will ihr mehr als zweieinhalbjähriges Schweigen brechen. Er werde für seine Mandantin an diesem Mittwoch eine Erklärung vor dem Münchner Oberlandesgericht verlesen, sagte ihr Verteidiger Mathias Grasel am Montag der Deutschen Presse-Agentur in München. Er bestätigte damit entsprechende Berichte von Spiegel Online und Bild-Zeitung.

Zum Inhalt der angekündigten Aussage machte Grasel keinerlei Angaben. Er sagte auch nicht, ob Zschäpe (40) auf Nachfragen antworten werde.

Dem "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) werden unter anderem neun Morde an Migranten und die Ermordung einer Polizistin vorgeworfen. Zschäpe, die einzige Überlebende des Trios, steht seit Mai 2013 in München vor Gericht - zusammen mit vier Mitangeklagten. Die Anklage wirft Zschäpe Mittäterschaft an allen Taten des NSU vor.

Bisher - seit dem Auffliegen des NSU vor fast genau vier Jahren - hatte Zschäpe beharrlich geschwiegen, auch an den inzwischen fast 250 Verhandlungstagen vor Gericht. Und das, obwohl sie bei der Polizei gesagt haben soll, sie habe sich nicht gestellt, um nicht auszusagen.

"Spiegel Online" berichtet, dass bereits seit Wochen feststeht, dass Zschäpe aussagen will. Demnach sollen auch die zuständigen Richter Bescheid gewusst haben. Zschäpes Altverteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm, waren in die Pläne nicht eingeweiht, schreibt "Spiegel Online" weiter.

Der eigentliche Termin der Aussage hätte bereits Ende Oktober sein sollen, er wurde aber verschoben. Zschäpe habe den Termin für ihre Aussage bis zuletzt geheim halten wollen. Unter anderem habe sie so verhindern wollen, dass die Hinterbliebenen der Opfer und die Überlebenden der Anschläge des NSU extra nach München anreisen.

Langes Schweigen

Ihre Altverteidiger Heer, Stahl und Sturm hatten das Schweigen für die beste Verteidigungsstrategie gehalten. Offenbar hat Zschäpe erst durch Grasel und den im Hintergrund agierenden Strafverteidiger Hermann Borchert die Unterstützung bekommen, die sie brauchte, um ihre Aussage tatsächlich in Angriff zu nehmen, so "Spiegel Online".

Dass sie unter ihrem Schweigen leidet, habe Zschäpe im März 2015 einem psychiatrischen Gutachter anvertraut. (dpa)

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