SPD-Politikerin Aydan Özoguz lehnt Unionspläne für Integrationspflicht ab

Staatsministerin Aydan Özoguz wertet die Unionspläne für eine Integrationspflicht in Deutschland als Versuch, Vorurteile gegen Flüchtlinge zu schüren. «Natürlich muss sich jeder bei uns an Regeln und Gesetze halten. Wer aber solche Bekenntnisforderungen aufstellt, der muss auch sagen, wie er sie umzusetzen gedenkt», sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, dem mehr als 30 Tageszeitungen angehören.

Länger bleibende Migranten sollen nach dem Willen der CSU zu Deutschkursen und einem Grundwerte-Bekenntnis verpflichtet werden - sonst drohen notfalls Leistungskürzungen. Es müsse die Integrationsbereitschaft eingefordert werden, heißt es einem Papier für die Klausur der CSU-Landesgruppe im Bundestag Anfang Januar. Die CDU von Kanzlerin Angela Merkel hat sich ebenfalls schon für die Einführung verbindlicher Integrationsvereinbarungen stark gemacht.

Özoguz wirft CSU und CDU vor, die Abneigung gegen Flüchtlinge zu fördern. «Mir scheint, die Unionsparteien beschränken sich weiterhin darauf, Nebelkerzen zu werfen, um Ressentiments zu bedienen.» Ihr sei nicht klar, wie die Forderung der Union nach einer Integrationspflicht durchzusetzen wäre. «Wollen die Unionsparteien zur Überprüfung von Einstellungen eine Gesinnungspolizei einsetzen?», fragte Özoguz.

Für das Jahr 2016 fordert Aydan Özoguz in der Flüchtlingspolitik einen stärkeren Blick auf die Integration. «Die entscheidende Frage im kommenden Jahr wird sein, ob es uns gelingt, die Zahl der Flüchtlinge zu verringern», sagte die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung. «Bislang waren wir angesichts der hohen Zuzugszahlen in einer Art Notfallmodus, jetzt müssen wir unsere Kräfte zunehmend auch für die Einbindung der Menschen in unsere Gesellschaft einsetzen», ergänzte sie.

2016 würden Fragen in den Vordergrund rücken, «welche Schulkonzepte am besten funktionieren, wo die anerkannten Flüchtlinge als zukünftige Nachbarn wohnen können, wie wir sie für unseren Arbeitsmarkt fit machen». Die Frage der Integration dürfe nicht hinten angestellt werden.

Özoguz, deren Stelle im kommenden Jahr mehr Geld aus dem Bundeshaushalt bekommt, kündigte an, dass sich ihr Arbeitsstab um zwei Referate vergrößern werde. «Eines soll Projekte in der Flüchtlingsarbeit bündeln und Lücken bei der ehrenamtlichen Hilfe und Integration identifizieren», erklärte die SPD-Politikerin. Es gebe immer noch eine überwältigende Hilfsbereitschaft. Es fehle aber an Strukturen von staatlicher Seite zur Koordination. «Man kann von den ganzen Helfern, die tagsüber arbeiten und sich dann abends ehrenamtlich engagieren, nicht auch noch verlangen, dass sie sich die nötigen Strukturen überlegen», sagte Özoguz.

Vernetzung fehle auch bei den bereits hier lebenden Syrern, die als «Kulturdolmetscher» fungieren. Viele Vereine und Moscheen engagieren sich. «Meine Idee ist, ihre Kompetenzen stärker abzufragen», sagte Özoguz. Ein anderer Schwerpunkt des Referats werde die Situation von Frauen auf der Flucht sein. «Wir müssen dort genauer hinschauen: Was ist ihnen auf der Flucht widerfahren», sagte Özoguz. Viele sagten nicht, wenn sie inhaftiert wurden oder Gewalt erleben mussten. Sie hätten zum Teil schreckliche Dinge erfahren und bräuchten besondere Unterstützung. «Ich werde deshalb gezielt einige Frauenprojekte fördern», sagte sie.

Das zweite neue Referat beschäftigt sich nach ihren Angaben mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU. «Dazu gehört beispielsweise das Problem der Ausbeutung südosteuropäischer Arbeitnehmer», erklärte Özoguz. Von der EU gibt es demnach eine Verpflichtung, eine unabhängige Stelle zu diesem Thema zu schaffen. (dpa/epd)