Russischer Teilabzug nährt Hoffnung auf Frieden in Syrien

Mit seinem Militäreinsatz im Syrien-Konflikt hat Russland die Karten neu gemischt. Dann überrascht Kremlchef Putin den Westen mit einem Teilabzug. Gelingt nun ein Durchbruch in den Friedensverhandlungen?

Der überraschende Abzugsbefehl aus Syrien von Präsident Wladimir Putin nährt die Hoffnungen auf Fortschritte bei den Friedensverhandlungen in Genf. Spätestens jetzt - am fünften Jahrestag des Kriegsausbruchs - sei die Zeit gekommen, seriös zu verhandeln, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier am Dienstag.

Auch UN-Vermittler Staffan de Mistura bei den Friedensgesprächen in Genf äußerte sich trotz großer Differenzen zwischen den syrischen Konfliktparteien vorsichtig optimistisch. US-Außenminister John Kerry will kommende Woche zu Gesprächen mit Putin und Außenminister Sergej Lawrow nach Moskau reisen.

De Mistura betonte nach einem Treffen mit der syrischen Oppositionsdelegation am Dienstagabend in Genf, die Atmosphäre habe sich nach seinem Eindruck im Vergleich zu früheren Gesprächsrunden verändert. Das gehe zurück auf Russlands Entscheidung zum Truppenabzug, die Flüchtlingskrise und die jüngsten Erfolge gegen die IS-Terrormiliz. Zudem sprächen die USA und Russland miteinander und seien im UN-Sicherheitsrat vereint. «All das hat einen neuen Impuls gegeben», sagte er. Es gebe nun einen Mechanismus, den es zuvor nicht gegeben habe.

Die seit Februar unterbrochenen Friedensgespräche waren am Montag in Genf wieder aufgenommen worden.  Oppositionssprecherin Basma Kodmani bezeichnete das Treffen mit de Mistura als konstruktiv. Sie erneuerte die Forderung, dass das Regime in Damaskus Gefangene freilässt. In dieser Frage habe es bisher keine Ergebnisse gegeben. Sie dürfe nicht aufgeschoben werden, da täglich 50 Menschen in den Gefängnissen der Regierung getötet würden, sagte sie. Die Freilassung von Gefangenen sei eine «bedeutende vertrauensbildende Maßnahme».

Russland ließ offen, wie weit der Truppenabzug reichen soll. Zwar trafen noch am selben Tag die ersten Kampfjets auf ihren Heimatstützpunkten ein, doch kündigten ranghohe Funktionäre in Moskau an, in Militärbasen in Syrien weiter Soldaten zu stationieren.

Nach Darstellung der Bundesregierung hat Putin den Westen mit seinem Abzugsbefehl überrascht. Steinmeier zufolge wurden weder die USA noch die europäischen Partner vorab informiert. Der Druck auf den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad wachse nun. Assad könne sich der russischen Unterstützung nicht mehr so sicher sein wie bisher.

Kerry sagte, die Ankündigung Putins sowie die Gespräche in Genf markierten eine sehr wichtige Phase für das Bürgerkriegsland. Die syrische Opposition würdigte den Teilabzug zwar als positiven Schritt, forderte aber mehr. Russland müsse seine Soldaten ganz abziehen, sagte der Sprecher des Hohen Verhandlungskomitees der Regimegegner (HNC), Salim Muslit. «Niemand weiß, was Putin im Kopf hat. Aber die Sache ist die, dass er von vornherein kein Recht hat, in unserem Land zu sein. Geh' einfach», sagte Oppositionssprecher Salem al-Meslet.

Das US-Verteidigungsministerium reagierte abwartend. «Wir haben beobachten können, dass einige russische Kampfflugzeuge Syrien verlassen haben, aber wir haben nicht gesehen, dass ein großes Kontingent russischer Streitkräfte das Land verlassen hat», sagte Pentagon-Sprecher Peter Cook in Washington.

Das russische Verteidigungsministerium teilte in Moskau mit, die Abstimmung zwischen Russland und den USA im Kampf gegen den Terrorismus solle beibehalten werden. Präsidialamtsleiter Sergej Iwanow kündigte an, den Kampf gegen Gruppen wie den IS und die Al-Nusra-Front verstärken zu wollen. «Aber dafür benötigen wir nicht solch ein Truppenkontingent, wie wir es bisher haben», sagte er.

Zudem werde Russland seine Militärbasen in Syrien sichern. Exakte Zahlen zur russischen Militärpräsenz in Syrien hält der Kreml geheim. Ein Moskauer Militärexperte schätzt, dass etwa 1.000 russische Soldaten vor Ort bleiben sollen. (dpa)