Risse im Koordinationsrat der Muslime - Ditib wirft Zentralrats-Vorsitzendem Vertrauensbruch vor

Eigentlich will der Koordinationsrat der Muslime mit einer Stimme die Interessen von Muslimen vertreten. Doch im Zusammenschluss der vier größten Moscheeverbände in Deutschland zeigen sich Risse. Die Türkisch-Islamische Union (Ditib) warf dem Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime (ZMD), Aiman Mazyek, am Montag in Köln vor, einen Vertrauensbruch verursacht zu haben. Mazyek vermittle durch sein Verhalten den Eindruck, die anderen Verbände im Koordinationsrat seien «bei dem Thema Antisemitismus unkritisch oder unsensibel».

Stein des Anstoßes ist, dass Mazyek am 14. September in Berlin offenbar im Alleingang an einer Demonstration gegen Antisemitismus teilnahm. Die «Frankfurter Rundschau» schrieb kürzlich, damit habe sich der Vorsitzende des Zentralrats gegen eine Entscheidung des Koordinationsrates gestellt. Dass Mazyek dieser Behauptung bislang nicht widersprochen habe, könne «die Sensibilität der im Koordinationsrat vertretenen Verbände beim Thema Antisemitismus in einem falschen Licht erscheinen lassen», kritisierte die Ditib.

Schon mehrfach wurden Mazyek Alleingänge vorgeworfen. Als die Bundesregierung und muslimische Vertreter im Januar am Brandenburger Tor gegen religiös begründete Gewalt auftraten, stand der Zentralrats-Chef in der vordersten Reihe. Den anderen Islamverbänden blieb nur eine Zuschauerrolle. Auch zu anderen Anlässen gab der mediengewandte Mazyek Erklärungen ab, die offenbar nicht mit dem Koordinationsrat abgestimmt waren. Zwar tun das alle Mitgliedsverbände - sie erzielen jedoch kein vergleichbares Medienecho.

Der Koordinationsrat war 2007 als gemeinsame Plattform von vier großen Islam-Organisationen entstanden. Neben der Ditib, die eng mit der türkischen Religionsbehörde verbunden ist, sind der Zentralrat der Muslime, der Islamrat und der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) dabei. Sie vertreten gemeinsam die große Mehrheit der etwa 2.400 Moscheevereine in Deutschland. Allerdings war der Koordinationsrat nie mehr als ein loser Zusammenschluss. Das Gremium hat keinen Vorsitzenden, sondern nur einen Sprecher. Dieser Posten wird alle sechs Monate reihum neu besetzt.

Bislang vermieden es die vier Mitgliedsverbände, einander öffentlich zu kritisieren. Dabei gab es schon vor einigen Jahren eine Zerreißprobe: Bei der zweiten Runde der Deutschen Islam-Konferenz waren der Islamrat und der Zentralrat nicht dabei, als es um die Sicherheitspartnerschaft zwischen Behörden und Islamverbänden ging.

Der Islamrat war nicht eingeladen worden, der Zentralrat sagte von sich aus ab. Ditib und VIKZ blieben zunächst noch am Konferenztisch. Mittlerweile sind alle Verbände wieder bei der Islam-Konferenz dabei.

Ditib-Generalsekretär Bekir Alboga bemühte sich am Montag, die aktuellen Spannungen kleinzureden. «Es ist kein Streit, sondern eine Klarstellung, damit kein falscher Eindruck entsteht», sagte er. Allerdings scheint der Frust tief zu sitzen. Bereits im Oktober sollte auf einer Sitzung des Koordinationsrates ein klärendes Gespräch geführt werden. Laut Ditib-Erklärung verließ Mazyek die Sitzung jedoch vorzeitig. Seitdem habe er an keinem Treffen mehr teilgenommen.

An seiner Stelle kamen aber andere Vertreter des Zentralrates, wie der derzeitige Sprecher des Koordinationsrates, Erol Pürlü, betont. Der Dialogbeauftragte des VIKZ sieht gleichwohl weiteren Gesprächsbedarf: «Wir müssen vertrauensstärkende Maßnahmen diskutieren innerhalb des Koordinationsrates.» (epd/ Andreas Gorzewski)