Religionssoziologe Rauf Ceylan fordert Militärimame für die Bundeswehr

Der islamische Religionssoziologe Rauf Ceylan fordert Militärimame für die Bundeswehr. «Muslimische Militärseelsorger sind überfällig. Wir brauchen sie genauso, wie wir auch mittlerweile entsprechend ausgebildete muslimische Krankenhaus-, Polizei- und Gefängnisseelsorger haben», sagte Ceylan. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland beklagte, dass sich in dieser Frage seit Jahren nichts bewege. In der vergangenen Woche hatte die muslimische Soldatin Nariman Reinke dem Nachrichtenportal «Welt online» gesagt, sie wünsche sich Imame in der Militärseelsorge.  

Ceylan unterstrich, es sei eine ganz natürliche Entwicklung, dass in einer Gesellschaft, in der mittlerweile fast fünf Millionen Muslime lebten, der Islam auch in der Bundeswehr vertreten sei. Er plädierte dafür, für ein Versuchsprojekt zunächst ein oder zwei Militärimame einzustellen und mit ihnen Erfahrungen zu sammeln. «Es hilft nichts, immer wieder eventuell auftretende Probleme zu diskutieren. Man muss endlich anfangen. Dann kann man auch leichter den tatsächlichen Bedarf ermitteln.»

Das Argument, der Staat habe bei den Muslimen keinen zentralen Ansprechpartner, ließ Ceylan nicht gelten. Schließlich gebe es in anderen Bereichen - wie etwa beim Religionsunterricht oder an Universitäten - gute Erfahrungen mit Beiräten, in denen mehrere Verbände vertreten seien.

Viele der 1.500 bis 2.000 Muslime in der Bundeswehr hätten vermutlich das Bedürfnis nach geistlichem Beistand etwa auf Auslandseinsätzen, sagte der stellvertretende Direktor des Instituts für Islamische Theologie an der Universität Osnabrück. Auch über Speisevorschriften und Gebetszeiten, die nicht immer und überall eingehalten werden könnten, sollten sie sich mit einem Imam austauschen können, forderte Ceylan. Gleiches gelte für den Fastenmonat Ramadan.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, sagte der «Neuen Osnabrücker Zeitung», es sei «eine Schande», dass es nach Jahren der Diskussion noch immer keinen Militärimam gebe. Die Politik schiebe immer wieder die Bürokratie als Hinderungsgrund vor. Die Bundeswehr sei ein Spiegelbild der Gesellschaft. Militärimame hätten auch eine starke integrationspolitische Signalwirkung.

Vergangene Woche hatte Nariman Reinke, die seit 13 Jahren Soldatin ist, berichtet, besonders im Einsatz in Afghanistan habe ihr ein Militärimam gefehlt, weil es ihrem Vater zu Hause schlecht gegangen sei. Reinke, deren Eltern aus Marokko stammen, ist in Deutschland geboren. Sie ist stellvertretende Vorsitzende des Vereins «Deutscher Soldat», der sich für die Anerkennung kultureller und religiöser Vielfalt einsetzt.

Auch der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), hatte in seinem Jahresbericht kürzlich die Bundesregierung wegen Untätigkeit kritisiert: «Nach mehr als sechs Jahren des ergebnislosen Prüfens macht sich langsam Ernüchterung breit.» In vielen Ländern, wie Österreich, den USA, Großbritannien, Frankreich oder den Niederlanden gibt es Militärimame. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte zuletzt 2015 betont, den Bedarf an Imamen in der Truppe zu prüfen zu wollen. (epd)