Prozess um Sarrazins neues islamfeindliches Buch - Richter wirbt für Einigung

Über Jahre arbeiten Thilo Sarrazin und der Verlag Random House erfolgreich zusammen - doch mit dem neuen Werk des Autors gibt es Probleme. Der Streit ist nun vor Gericht gelandet.

Der frühere Berliner Finanzsenator, Ex-Bundesbanker und umstrittene Autor Thilo Sarrazin streitet sich mit seinem alten Verlag über sein neues Buch. Er wirft dem Verlag Random House Rufschädigung vor, weil dieser sein neues Werk plötzlich nicht mehr habe veröffentlichen wollen. Die Gegenseite argumentiert, das Manuskript sei zum damaligen Zeitpunkt nicht publizierbar gewesen.

Der Vorsitzende Richter am Landgericht München I warb am Montag in der Verhandlung für eine gütliche Einigung. Der Senat will nun einen Vergleichsvorschlag erarbeiten. Zur Debatte steht unter anderem, was mit den Vorschusszahlungen passiert und ob die beiden Parteien eine gemeinsame Erklärung zum Ende der Zusammenarbeit abgeben.

Sarrazin hatte das Buch seinem alten Verlag im Februar 2018 übergeben und pochte auf eine Veröffentlichung Ende August - acht Jahre nach Erscheinen seines Bestsellers «Deutschland schafft sich ab». Er habe inhaltlich das abgeliefert, was der Verlag bestellt habe, betonte Sarrazin vor Gericht. Rainer Dresen von Random House erklärte, das Manuskript habe sich - wie jedes Werk des umstrittenen Autors – als sehr arbeitsintensiv erwiesen, weil etwa zahlreiche Fußnoten hätten geprüft werden müssen. Beide Seiten hatten die Zusammenarbeit schließlich beendet.

Sarrazin ist mit seinem neuen Werk mit dem Titel «Feindliche Übernahme - wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht» unterdessen zum Finanzbuch Verlag (Münchner Verlagsgruppe) gewechselt. Dort soll es am 30. August erscheinen. Mit seiner Klage zielt er unter anderem auf Schadenersatz wegen entgangenen Gewinns und Rufschädigung sowie auf Erstattung seiner Anwaltskosten.

Der langjährige SPD-Politiker hatte mit dem Buch «Deutschland schafft sich ab» und umstrittenen Thesen zur Einwanderung 2010 Entrüstungsstürme und Debatten über Islamkritik und Vererbung von Intelligenz ausgelöst. Es folgten weitere Bücher über den Euro und das «Wunschdenken» in der Politik. Vier Werke hat der Autor im Verlag Random House veröffentlicht.

Versuche der SPD, ihr umstrittenes Mitglied loszuwerden, liefen ins Leere. Der 73-Jährige gehörte im Frühjahr 2018 zu den Erstunterzeichnern der «Erklärung 18», mit der Intellektuelle vor einer liberale Flüchtlingspolitik warnten. Zu den Erstunterzeichnern zählten auch die Publizisten Henryk M. Broder und Matthias Matussek, der Schriftsteller Uwe Tellkamp, die frühere DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld. (dpa)