PLO-Führungsmitglied nennt Streichung von US-Hilfsgeldern Erpressung

Nichts weniger als einen «Jahrhundertdeal» versprach US-Präsident Trump zur Lösung des Nahost-Konfliktes zwischen Israel und den Palästinensern. Jetzt kürzte er Hilfszahlungen für die Palästinenser. Die sehen dahinter eine Strategie.

Ein führendes Mitglied der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) hat die USA wegen der Streichung von 200 Millionen Dollar Hilfe für die Palästinenser scharf kritisiert. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump wende damit «billige Erpressung als ein politisches Druckmittel an», teilte die Politikerin Hanan Aschrawi, Mitglied des PLO-Exekutivkomitees, in der Nacht zum letzten Samstag mit. «Das palästinensische Volk lässt sich nicht einschüchtern und wird sich dem Zwang nicht beugen.»

Die gestrichenen Mittel in Höhe von umgerechnet rund 170 Millionen Euro waren ursprünglich für Programme in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Abwasser im Gazastreifen und im Westjordanland vorgesehen. Das US-Außenministerium begründete die Kürzung unter anderem mit der Herrschaft der Hamas im Gazastreifen. Die USA, Israel und die EU haben die Hamas als Terrororganisation eingestuft.

Hintergrund der Kürzung dürfte ebenso der Streit zwischen der Palästinenserführung und der US-Regierung über die Nahost-Friedensgespräche sein. US-Präsident Donald Trump hat sich aus Sicht der Palästinenser klar pro-israelisch positioniert. Sie sehen die USA deshalb nicht mehr als unparteiischen Vermittler in Gesprächen mit Israel an und haben alle Kontakte zur US-Regierung abgebrochen.

Trump hatte unter anderem in einem Alleingang Jerusalem als Israels Hauptstadt anerkannt und später die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt. Das löste heftige Proteste in den palästinensischen Autonomiegebieten aus. Trump warnte Anfang Januar die Palästinenser und verknüpfte dabei weitere Hilfszahlungen mit ihrer Teilnahme an Friedensgesprächen. «Wenn die Palästinenser nicht länger bereit sind, über Frieden zu reden, warum sollten wir in Zukunft irgendwelche dieser gewaltigen Zahlungen an sie leisten», twitterte er.

Bei einer Rede vor Anhängern sagte Trump am letzten Dienstag, dass Jerusalem vom Tisch sei, es da nichts mehr zu verhandeln gebe und Israel ein «sehr großes Ding» gewonnen habe. Jetzt sei die Reihe an den Palästinensern und sie würden auch etwas sehr Gutes bekommen. Trump hatte einen «Jahrhundertdeal» zur Lösung des Nahostkonflikts angekündigt, bisher jedoch keine Details vorgestellt.

Auf Anweisung von Trump habe das Außenministerium eine Überprüfung der Hilfszahlungen an die Palästinenser vorgenommen, um sicherzustellen, dass die Gelder im Sinne der nationalen Interessen der USA und der Steuerzahler ausgegeben würden, sagte ein Vertreter des US-Außenministeriums. «Diese Fonds werden jetzt für Projekte von hoher Priorität anderorts eingesetzt.» Diese Entscheidung reflektiere auch die Schwierigkeiten, die die internationale Gemeinschaft bei der Bereitstellung von Hilfe für den Gazastreifen habe.

Die Hamas hatte 2007 gewaltsam die alleinige Macht im Gazastreifen an sich gerissen. Israel hat seit mehr als zehn Jahren eine Blockade über den Gazastreifen verhängt, die von Ägypten mitgetragen wird. Die Lebensbedingungen in dem schmalen Küstenstreifen mit rund zwei Millionen Einwohnern sind sehr schlecht.

Die Reaktionen auf die Kürzungen fielen unterschiedlich aus. Jedes Mal, wenn die Palästinenser sich geweigert hätten zu verhandeln, hätten sie eine Belohnung erhalten, twitterte Michael Oren,  stellvertretender Minister im Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Diesmal würden die USA sie bestrafen. Vielleicht schaffe eine Kürzung der Hilfsleistungen, was Belohnung nicht geschafft habe - die Palästinenser wieder an den Verhandlungstisch zu bringen.

Der palästinensische Chefunterhändler und PLO-Generalsekretär Saeb Erekat schrieb, die Hilfe sei kein Geschenk für die Palästinenser, sondern eine Pflicht der internationalen Gemeinschaft, die Verantwortung für die israelische Besatzung trage. Der frühere US-Sonderbeauftragte für die israelisch-palästinensischen Verhandlungen, Martin Indyk, sprach von einer kontraproduktiven Maßnahme, die die Palästinenser nur weiter vom Verhandlungstisch entferne. Der frühere US-Unterhändler Aaron David Miller twitterte: «Die erste (US-)Regierung, die der israelischen Regierung uneingeschränkte Unterstützung gewährt und gleichzeitig einen politischen und wirtschaftlichen Krieg gegen die Palästinenser führt.»

Die Streichung der Hilfsgelder wird die Lage für die Palästinenser weiter verschärfen. So hätten Kürzungen der USA bei Zahlungen für das Palästinenserhilfswerk der Vereinten Nationen UNRWA dazu geführt, dass Hunderte Palästinenser entlassen und Leistungen für Bürger gekürzt worden seien, schreibt die «Washington Post». Bis Ende Juli hätten die USA 60 Millionen Dollar an UNRWA gezahlt. Im vergangenen Jahr seien es 360 Millionen Dollar gewesen. (dpa)