Papst vergleicht Flüchtlingszentren mit Konzentrationslagern

Papst Franziskus hat die Zustände in den Flüchtlingsaufnahmezentren der EU mit scharfen Worten angeprangert. Viele von ihnen seien «Konzentrationslager, durch die Menge der Menschen, die sie dort drinnen lassen», sagte er am Samstagabend in Rom. Namentlich nannte Franziskus das Aufnahmezentrum auf der griechischen Insel Lesbos, das er im April 2016 besucht hatte.

Zugleich kritisierte der Papst in einem Gottesdienst zum Gedenken an die Märtyrer des 20. und 21. Jahrhunderts die EU-Flüchtlingspolitik. Im Umgang mit Flüchtlingen schienen internationale Abkommen oft wichtiger zu sein als die Menschenrechte. «Menschen kommen hier an, in den großzügigen Ländern wie Italien und Griechenland, die sie aufnehmen, aber dann lassen die internationalen Verträge nicht mehr zu.» Zuvor hatte er von der Begegnung mit einem muslimischen Flüchtling auf Lesbos berichtet.

Während des Gottesdienstes zum Gedenken an die modernen Märtyrer in der Kirche San Bartolomeo sprach auch der Sohn des evangelischen Pfarrers und NS-Gegners Paul Schneider, der 1939 im NS-Konzentrationslager Buchenwald getötet wurde. Franziskus äußerte sich in seiner Predigt und nach dem Gottesdienst in einer kurzen Ansprache zum Thema Flüchtlinge. Er traf zudem mit einer Gruppe von Flüchtlingen zusammen, die über sogenannte humanitäre Korridore legal nach Italien eingereist sind.

Die Großzügigkeit des Südens, sagte der Papst weiter, solle den Norden «anstecken». Ausdrücklich nannte er Lampedusa, Sizilien und Lesbos. «Es ist wahr, wir sind eine Zivilisation ohne Kinder, aber wir schließen auch unsere Türen gegenüber Migranten. Das nennt man Selbstmord. Lasst uns deswegen beten!»

Der Papst kritisierte zugleich die ablehnende Haltung norditalienischer Regionen und Kommunen gegenüber der Aufnahme von Flüchtlingen. «Wenn in Italien jede Stadt und Gemeinde nur zwei aufnehmen würde, so wäre für alle Platz», so der Papst.

Das Internationale Auschwitz-Komitee (IAK) hat den Vergleich des Papstes von Aufnahmezentren für Migranten in Griechenland mit Konzentrationslagern als legitim bezeichnet. «Ich halte das nicht für empörend», sagte der Exekutiv-Vizepräsident des Zusammenschlusses von Überlebenden des KZ Auschwitz, Christoph Heubner, am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Papst Franziskus habe es in guter Absicht gesagt. «Er überzeichnet, um Herzen in Bewegung zu bringen. Das ist legitim.»

Der Papst hatte mit Blick auf die sogenannten Hotspots etwa auf der griechischen Insel Lesbos am Samstag in Rom gesagt: «Viele Flüchtlingslager sind Konzentrationslager - wegen der Menge an Menschen darin.» Der Papst stellte den Vergleich zur Nazi-Zeit an, als er von einem Flüchtling berichtete, den er 2016 auf Lesbos getroffen hatte.

Heubner sagte, ihn wundere die Aussage nicht, da er frühere Kommentare des Papstes zu der Lage in griechischen Flüchtlingszentren kenne. «Er wird diesen Vergleich sehr bewusst gewählt haben.» Franziskus wolle Europa damit deutlich machen, «auf welchem Punkt der Zeitlinie man angekommen ist». Es müsse auch bedacht werden, dass es ein südamerikanischer Blick auf Europa sei. (dpa/KNA)