Papst ruft Religionen zu Kampf gegen Extremismus auf

Der Ägypten-Besuch von Papst Franziskus gilt als schwierige Gratwanderung. Bei einer Rede in Kairo machte der Pontifex klar: Der Kampf gegen Gewalt und Terror im Nahen Osten brauche den Schulterschluss der Religionen.

Papst Franziskus hat bei seinem Besuch in Ägypten alle Religionen zum gemeinsamen Kampf gegen Gewalt und Terror aufgerufen. Bei einer Friedenskonferenz an der islamischen Al-Azhar-Universität sprach er im Namen christlicher wie muslimischer Religionsführer "ein deutliches und eindeutiges 'Nein' zu jeglicher Form von Gewalt, Rache und Hass, die im Namen der Religion oder im Namen Gottes begangen werden". Die Religionen seien gehalten, die Verletzungen der Menschenwürde und der Menschenrechte zu brandmarken. 

Auch rief der Papst zur Achtung Andersgläubiger auf. Angesichts der jüngsten Terroranschläge auf koptische Kirchen betonte er, Gewalt widerspreche authentischer Religiosität. "Als religiöse Verantwortungsträger sind wir aufgerufen, die Gewalt zu entlarven, die sich hinter einem vermeintlichen sakralen Charakter verbirgt."

Franziskus beklagte eine gefährliche Vermischung religiöser und politischer Inhalte. Dies berge die "Gefahr, dass die Religion von der Sorge um weltliche Angelegenheiten aufgesaugt und von den Schmeicheleien weltlicher Mächte in Versuchung geführt wird, die sie in Wirklichkeit instrumentalisieren". Andersgläubige und Andersdenkende dürften zudem nicht als Feind angesehen werden. Eine "von Hass verpestete Luft" müsse in den "Sauerstoff der Brüderlichkeit" umgewandelt werden.

Auch der Großimam der Al-Azhar-Universität, Ahmed Mohammed al-Tajjib, richtete sich in seiner Rede gegen den Missbrauch der Religion durch Extremisten. "Der Islam ist keine Religion des Terrorismus, weil eine Gruppe einige ihrer Texte geraubt hat und sie benutzt, um Unschuldige zu töten und zu terrorisieren." Die Krisen der Welt existierten, weil die Menschen die himmlische Religion und ihre Werte missachtet hätten. "Vor allem den Wert der Brüderlichkeit."

Erst vor knapp drei Wochen waren bei einem Anschlag auf Christen in Nordägypten mehr als 40 Menschen getötet worden. Die Mehrheit der Ägypter ist muslimisch. Ungefähr zehn Prozent der etwa 94 Millionen Einwohner sind koptische Christen. Dazu kommen noch etwa 270.000 Katholiken.

Bei seinem Besuch in Kairo traf Franziskus auch Staatspräsident Abdel Fattah Al-Sisi. Dabei appellierte der Pontifex an die ägyptische Regierung, die Rechtsstaatlichkeit im Land zu stärken und sich für gesellschaftlichen Frieden einzusetzen. Das Land müsse ein noch schlimmeres Abdriften in die Gewalt vermeiden, indem es schwerwiegende soziale Probleme und religiösen Extremismus angehe, sagte der Papst. Ausdrücklich würdigte Franziskus die wiederholten Aufrufe Al-Sisis zu Toleranz und einem friedlichen Zusammenleben. Ägypten müsse als Wiege der drei monotheistischen Religionen endlich aus der "langen Nacht des Leids" aufwachen.

Der Argentinier ist erst der zweite Papst der Neuzeit, der das arabische Land besucht. Diese Reise dauert noch bis Samstag und findet unter massiven Sicherheitsvorkehrungen statt. (KNA/dpa/epd)