Palästinensische Imkerinnen: Wie die Bienenstöcke ihr Leben änderten

Die Bienenstöcke haben ihr Leben nachhaltig verändert. In ihren weißen Imkeranzügen inspizieren drei Palästinenserinnen mittleren Alters den Zustand der Waben. Für eine wachsende Zahl von Frauen in den Hügeln des Westjordanlands wird die Gewinnung von Honig zur wirtschaftlichen Rettungsleine und zur Wiederannäherung an ihren Heimatboden.

Das durch die Imkerei erzielte Einkommen ist ein enormes Zubrot in den ländlichen Palästinensergebieten, die seit bald einem halben Jahrhundert von Israel besetzt sind. Denn jeder vierte Erwerbsfähige im Westjordanland ist arbeitslos, bei den Frauen sind es sogar 40 Prozent.

Muntaha Bairat stellte vor vier Jahren die ersten Bienenstöcke in einen Olivenhain ihres Heimatorts Kafr Malik, nördlich von Ramallah. Viel Ertrag hatten sich die 37-jährige und ihre fünf lokalen Mitstreiterinnen von dem Versuch zunächst nicht erhofft. "Aber bald merkten wir, dass wir ein großes Projekt gestartet haben. Es hat unser Leben total verändert."

Jedes Jahr erntet die kleine Imkergemeinschaft ab August 600 Kilogramm Honig, für den sie im Durchschnitt 100 Schekel (23 Euro) pro Kilo erzielen. Abzüglich der Betriebskosten bleiben für jede der sechs Frauen 1.500 Euro Reingewinn.

Eine konnte mit diesen Einkünften ihrem Sohn ein Hochschulstudium ermöglichen, berichtet Bairat mit breitem Lächeln. Eine andere Bienenzüchterin kaufte sich das Fernsehgerät, von dem sie lange nur träumen konnte.

"Das Projekt ermöglichte einigen unter uns auch erstmals Auslandsreisen, weil wir unsere Produkte auf Landwirtschaftsmessen in Jordanien und Spanien vorstellen", erzählt die 37-jährige Mitbegründerin. Neben Honig erzeugt das Frauenkollektiv nun auch den teuer gehandelten Gelée Royale, Futtersaft für Bienenköniginnen, und Waren auf Basis von Bienenwachs.

Angestoßen wurde das Projekt von PARC, einer Vereinigung palästinensischer Landwirtschaftsexperten, die gegenwärtig 103 Frauen bei 64 selbstverwalteten Kleinprojekten betreut. Die meisten dieser Unternehmungen liegen im sogenannten C-Gebiet, das 1995 im zweiten Osloabkommen provisorisch der vollen Kontrolle Israels überlassen wurde und 60 Prozent des Westjordanlands ausmacht.

Seitdem hat die israelische Besatzungsverwaltung die Weiterentwicklung der palästinensischen Ortschaften in diesen Zonen strikt begrenzt. Unsere Konzentration auf das C-Gebiet ist deshalb bedacht", erklärt PARC-Projektleiter Nassech Schahin. Hauptziel sei, "den Leuten zu ermöglichen, auf und mit ihrem Privatland zu leben. Das gilt insbesondere für Frauen im ländlichen Raum."

In den 20 Jahren seit dem Osloabkommen ist der Beitrag der Landwirtschaft zum palästinensischen Bruttosozialprodukt drastisch gesunken - von früher fast der Hälfte auf nun gerade noch 3,5 Prozent. Nur noch neun Prozent der aktiven Erwerbstätigen arbeiten im Agrarsektor, oft auf wenig ertragreichen Schollen im Familienbesitz.

Die Imkerinnen in Kafr Malik tragen gehörig dazu bei, das Auskommen ihrer bis zu neunköpfigen Familien zu sichern. Noama Hamjel freut sich jedes Jahr auf die beginnende Ernte im August. Denn die die sechs Kinder der 52-jährigen sind alle in der Ausbildung. Zum Schuljahresbeginn sind die Kosten besonders hoch.

"Indem ich jetzt jede Woche ein Kilo Honig verkaufe, kommen wir wesentlich besser über die Runden", sagt sie mit Genugtuung. Und überhaupt: "Ich liebe die Bienenzucht. Sie kommt bei mir gleich nach meinen Kindern." (AFP)