Opposition und Kirchen fordern sofortigen Rüstungsexportstopp nach Saudi-Arabien

Nach der Hinrichtung von 47 Menschen in Saudi-Arabien haben Grüne und Linkspartei in Berlin den sofortigen Stopp aller deutschen Rüstungsexporte in das Land gefordert. Die Grünen-Politikerin und Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth sagte der Zeitung "Die Welt", es habe "absolut nichts" mit einer wertebasierten Außenpolitik zu tun, "ein Land als strategischen Partner zu päppeln und mit schwersten Waffen aufzurüsten, das seine eigene Bevölkerung massenhaft hinrichtet, terrorisiert" und ihr keinerlei bürgerliche Freiheitsrechte gewähre.

Die Bundesregierung dürfe keine weitere Destabilisierung der Region zulassen, sagte Roth. Die Partnerschaft mit Riad habe "mit deutscher oder europäischer Interessenspolitik" nichts zu tun, "wenn mit Saudi-Arabien genau das Land gefördert wird, das die ideologische Grundlage für den IS und andere islamistische Fundamentalisten und Terroristen liefert".

Auch der Chef der Linkspartei, Bernd Riexinger, forderte in der "Welt", die Bundesregierung müsse "jede Art von Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien" einstellen, wenn Menschenrechte für sie "mehr als nur eine hohle Phrase sind".

Auch die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) forderte ein sofortiges Ende von Rüstungsexporten in die Region. "Die erteilten Genehmigungen müssen gestoppt oder ausgesetzt werden", sagte die Leiterin der katholischen Geschäftsstelle der von beiden großen Kirchen getragenen Organisation, Gertrud Casel.

Die Bundesregierung hatte im ersten Halbjahr 2015 Rüstungsausfuhren im Wert von 3,5 Milliarden Euro genehmigt, darunter waren Exporte nach Saudi-Arabien im Wert von 178,7 Millionen Euro. Die Bundesregierung hatte betont, dass dorthin keine Panzer oder ähnliches Gerät geliefert würden, sondern Komponenten wie etwa Fahrgestelle für Transporter.

Die Verschärfung des Konflikts zwischen Saudi-Arabien und dem Iran könnte Auswirkungen auf den Export deutscher Rüstungsgüter in die Region haben. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), dessen Haus für Genehmigungen zuständig ist, kündigte am Montag eine genaue Untersuchung an. "Wir müssen jetzt überprüfen, ob wir in Zukunft auch defensive Rüstungsgüter kritischer beurteilen müssen, die wir Saudi-Arabien bislang zur Landesverteidigung geliefert haben", sagte er in Berlin.

Gabriel sagte, es zeige sich, "dass es richtig war, weder Kampfpanzer noch die Maschinengewehre G36 nach Saudi-Arabien zu liefern". Zuvor hatte die Bundesregierung nach den Massenhinrichtungen in Saudi-Arabien ihren Kurs in der Rüstungsexportpolitik unterstrichen. Die Genehmigungspraxis sei "grundsätzlich restriktiv", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. An diesen strengen Regeln solle festgehalten werden.

Bedenken gegen die bisherige Rüstungsexport-Praxis kamen währenddessen auch aus der Koalition. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich sagte den Zeitungen der Essener Funke-Mediengruppe (Montagsausgaben): "Zurzeit müssen politische Interessen im Vordergrund stehen, wirtschaftliche Fragen haben dahinter zurückstehen. Ich plädiere dafür, bei den Waffenlieferungen sehr zurückhaltend und auch ablehnend zu sein."

Der Vorsitzende der deutsch-arabischen Parlamentariergruppe im Bundestag, der CDU-Politiker Michael Hennrich, sagte der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Dienstagsausgabe): "Ein Moratorium bei den Waffenlieferungen wäre jetzt das richtige Signal." Der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Franz-Josef Jung (CDU) betonte demgegenüber, Saudi-Arabien bleibe "mit Blick auf die Stabilität in der Region ein wichtiger Partner" Deutschlands. (AFP/epd)